Sonntag 24. April 2016 - Vorbereitung

Ich bin stolzer Besitzer eines Aarios Fahrrades.

www.aarios.ch


Start

Start Samstag 30. April 2016

Ein paar kurze Stunden geschlafen, meine Stahlross aufgezäumt - zum Glück kann es nicht sprechen, sonst hätte ich was gehört - und dann gilt es noch hier und dort Abschied zu nehmen. Es fällt mir schwerer als gedacht .... Hier erhalte ich noch einen Tipp, dort noch ein Traubenzucker und selbstverständlich einen feinen Espresso ... Und dann ist es soweit: ab sofort liegt mir die Welt zu Pneu, Freiheit pur! Es ist knapp 11 Uhr und Etappenziel soll Basel sein... Da habe ich mir schon was vorgenommen. Das Wetter stimmt ich komme ganz flott voran. Dubler in Wohlen grüsst mich ohne mir einen Mohrenkopf zu überreichen, weiter über die Staffelegg ins Fricktal bis an den Rhein. Wow da zieht aber ein prächtiges Gewitter heran ... Boxenstopp ist angesagt: am ersten Tag darf ich schon die Regenkleider auspacken. Es ist nicht mehr so gemütlich, die Brille läuft an, es dunkelt langsam und da passiert es .... Ich verpasse den Wegweiser... kurve durch das tiefe Aargau, rauf und runter und nein, es darf nicht wahr sein: 1 1/2 Stunden Fahrt und dann stehe ich wieder am exakt gleichen Ort wo ich mir die Regenkleider übergezogen habe... Frust... Doch da habe ich doch noch was erhalten: Militärschokolade vom geschätzten Kevin. Er musste eine Vorahnung haben. Rein damit, doch irgendwie wollte sie nicht schmecken. Frust. Es regnete aus allen Kübeln und noch 10 Kilometer bis Rheinfelden . Ich trete in die Pedalen, dass die Lager glühen.. Die Strecke geht durch Wälder, beschlagene Gläser erschweren mir die Wegweiser zu sichten... Endlich, es ist 21.30 Uhr finde ich ein Hotel. Badewanne, Nachtessen! Na denkste, um 21.30 Uhr ist die Küche geschlossen und es gibt nur Zimmer mit Dusche... Das Servierpersonal hat verbarmen mit mir und eine Putzfrau macht mir noch ein Sandwich... Alles ist durchnässt, auch die Kleider in den Taschen haben etwas abbekommen... Also Wäscheleine ziehen und aufhängen. Es gibt fast kein Durchkommen mehr ...
Ich hatte mir eine flache Etappe geplant, knapp 1'000 Höhenmeter Steigung waren es am ersten Tag...

- [ ] Konklusion des Tages: ich habe noch Planungspotential...

Sonntag 1. Mai 2016

Es regnet draussen , das Thermometer zeigt 5 Grad. Irgendwie habe ich keine Lust aus dem Bett zu steigen... Na Müller, keine Schwächen zeigen, es ist erst Tag zwei 😏 Mit dem Packen bin ich noch nicht so geübt, braucht länger .... Frühstück genossen, rein in die Regenkleider und ab mit meinem Stahlross. Es ist windig, kühl, besser gesagt kalt, endlich Basel erreicht. Weiter über den Zoll nach Frankreich zurück nach Deutschland, Richtung Rhein. Ich habe mir den Rheinweg vorgenommen. Endlich gefunden... Aber da ist ja der Bodenbelag "nur" aus Sand ... Mit dem starken Regen ist dieser stark aufgeweicht, das Vorwärtskommen ist mühsam. Anstatt mit 20 kmh zu rollen, geht es mit 15 kmh vorwärts. Mühsam den Rhythmus zu finden, 4 Grad Celsius zeigt das Thermometer... Mein Velo hat inzwischen die Farbe gewechselt: hellbraun, die Taschen verlieren ihr leuchtendes gelb... Nein, mein tolles Velo ist nicht wieder zu erkennen... Der Weg am Rhein ist schlecht ausgeschildert. Immer wieder komme ich in eine Sackgasse, wieder zwei Kilometer umkehren, viermal das gleiche Spiel. Der Spalt zwischen meinen Hügel meldet sich immer wieder, ist nicht zufrieden mit mir. Einen Drittel Volumenzuwachs... 
Um 19 Uhr habe ich genug... Es ist kaum zu glauben, die Sonne hat Erbarmen mit mir und zeigt ihre zarten Strahlen. Ich habe nur noch einen Wunsch: Hotel mit Badewanne! Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren freue ich mich darauf, aber nichts ist zu finden...

- [ ] Konklusion des Tages: ab Morgen wird das Wetter besser 😉

Montag 2. Mai 2016

Nach dem kalten Tag gestern meinte es der deutsche Wettergott heute gut mit mir. Sonne so weit das Auge reichte. Ob der französische es gleich sehen würde? Ich entscheide mich dies zu testen. Ab nach Frankreich über den Rhein dem Kanal entlang nach Strasbourg. Eine wunderschöne Umgebung, menschenleer, ich eins mit der Natur. Der stillgelegte Kanal beherbergte eine wunderbare Tierwelt: Spechte, Biber (oder doch Otter?), Schlangen, es gab viel zu beobachten. Immer wieder stoppte ich mein Velo und beobachtete die Tierwelt. Ich kam flott voran und überall wo ich anhielt, quatschten mich Leute an. Woher kommst Du, wohin geht es? Speziell das genannte Ziel löste immer wieder Verwunderung aus. Ein Ehepaar um die Ende 50 fragte mich verwundert: "vous faites comment de prendre sept semaines de vacances?" Ich liess die Frage unbeantwortet, dachte mir dabei, dass ich keinem sozialistisch regierten Land lebe und arbeite...Man(n) rechne: 35 Stundenwoche Arbeitszeit in Frankreich, 43 in der Schweiz... 50 Wochen arbeiten, ergibt 400  Mehrstunden, ergibt etwa 9 Wochen ... Da bin ich mit meinen sieben Wochen ja richtig bescheiden 😂
Übrigens, der Wettergott ist Europäer. 

Dienstag 3. Mai 2016

Ich muss morgens früher aus dem Hause, ansonsten ich nie vor 20 Uhr im Hotel bin -  wenn ich eines finde 😏 Langsam weiss ich wie meine fünf Taschen zu packen sind, so komme ich schon um 9.30 Uhr weg 😬 Nichts spektakuläres unterwegs, doch um 13 Uhr.... Der Regen zieht heran. Soll ich mich umziehen? Regenkleider? Zuwarten? Ich entscheide mich für die Regenkleider! Zum Glück, denn der Regen setzte immer mehr ein... Ich überliess die Streckenführung meinem Navi .... Und plötzlich stehe ich vor dem Rhein. Mein Garmin meinte, es gehe auf der anderen Seite weiter... Aber wie? Ah ja, da gibt es eine Fähre .... Provokativ stelle ich mein Velo zuvorderst an der Rampe hin, warte im Regen ob sich die Fähre auf meine Seite bewegt... Und siehe da, es tut sich was. Ich lade mein Rad auf die Fähre und warte, und staune - sie fährt! Extrafahrt für mich, sorry für uns beide! Was für ein Gefühl. Das muss teuer werden!! "Euro 2.30, bitte"! Na ja, für ein Extrafahrt unanständig billig! Das muss grosszügig aufgerundet werden! 
Meine Regenkleidung ist absolut top! Da regnet es drei Stunden in Strömen und ich bleibe trocken, ja fast... Der Bewegungsapparat Müller gibt eben auch noch Feuchtigkeit ab.. 
Ich bin langsam müde, nein todmüde! Über 120 km schon hinter mir und nun finde ich kein Hotel. Dank dem flotten Wirt wird sofort rumtelefoniert. 13 km von hier... Na ja gerne, gibt nochmals 45 Minuten Fahrt. Plus Umfahrung! Alles gesperrt aber nichts markiert. Frage mal jemand wenn es niemanden weit und breit gibt?

Mittwoch, 3. Mai 2016

Heute ist tolles Wetter angesagt! Um 9.30 Uhr geht es los. Das Navi zeigt 75 km bis nach Mainz an. Wird locker werden... Morgen habe ich mir einen Freitag eingeplant, in Zug ist es ja auch nicht anders. Nur 75km? Es geht flott voran, immer zwischen den Weinreben, soweit das Auge reicht... Ich habe nie Rückenwind, zumindest habe ich ihn nie gespürt. Beim Metzger hole ich mir einen Wurstsalat, ein richtiges Radlermahl... Na ja, zumindest den ganzen Nachmittag habe ich noch was davon. Dreimal Feldhasen, einmal einen Fasan beobachtet. Immer wenn ich in der Nähe mit dem Fahrrad bin, erschrecken die Tiere wegen meinen leuchtend gelben Taschen... Somit leider keine Fotos! Mein Hintern brennt, immer wieder Aufstiege, 75 km vorbei und wo ist Mainz? Wurde der Ort auf der Landeskarte verschoben? Hier endlich der Wegweiser: noch 35 km! Darf nicht wahr sein! Ich bekomme den Moralischen... Die Aufstiege werden immer länger, die Abfahrten immer kürzer, nicht nur gefühlt 😬 Es ist und ich bin geschafft. Hotel suchen... Seit vier Tagen träume ich von der Badewanne ...  Und kein Hotel hat eine davon... Zumindest nicht mit mir zu teilen 😉 Da checke ich ein, Einzelzimmer. Bin gerade bereit für in die Dusche... Doch wow, es gibt eine Riesen Ueberraschung... Mehr dazu Morgen 🙃

Konklusion des Tages: verlasse Dich nie blindlings auf das Navi!

Donnerstag 4. Mai 2016

Gestern 20.45 Uhr im Hotel eingecheckt, Einzelzimmer damit es sicher keine Diskussionen gibt 😉 Zeugs hingeschmissen, endlich frisches Wasser. - Der Tag war lange, mein Navi zeigte mir 75 km Weg an, zum Frust wurden es über 100 km, mit knapp 900 Höhenmeter, natürlich nur Aufstiege gerechnet. Ein Pack Haribo musste sich meiner ergeben, Lübecker Marzipan ging drauf, zwei Mal ein power nap gegönnt, wie sonst hätte ich es durchgestanden. - Da läutet mein Telefon. Schweisstropfen vom Tage klebten noch im Gesicht, die Sonnencreme überstand die UV-Strahlen nicht, irgendwie völlig k.o., überwand ich auf den grünen Knopf zu drücken. Eine aufgestellte, wie immer freundliche Stimme meldete sich und meinte: " Wo wohnst Du, wie heisst Deine Adresse?" Du lieber Gott, all dieses um diese Zeit? Und gegessen habe ich auch noch nicht? Ich wurde gebeten, Adresse und Hotel per SMS durch zu geben, eine Zweierzimmer wäre doch besser. Ungläubig ging ich Richtung Rezeption und fragte, ob ich Zimmer wechseln könnte. "Nein, das Zimmer gefällt mir, ich benötige aber besser zwei Betten". Seine Augen sagten mehr als tausend Worte, nahmen meine immer wieder in Beschlag, doch ich musste weder blinzeln noch rot werden. "Nein, keine Angst" erwiderte ich ihm, "nicht was sie meinen, ich bin doch ein topseriöser Schweizer!" - Er nahm es mir ab, gegen Aufpreis erhielt ich ein neues, grösseres Zimmer! Umziehen, abziehen, duschen, ungeduldig warten! SMS: in 120 km bin ich da. Gillette hervorgekramt, letzte Haare entfernt, Spuren des Tages beseitigt. SMS: bin in 10 Minuten da. Lächeln aufgesetzt, Backenfalten geglättet, Zähne geputzt, Unordnung belassen, ich konnte kaum mehr warten, oder eher umgekehrt? Minuten wurden zum Muskelkater, Magnesium half nichts dagegen, die innerliche Freude stieg: ja sie ist da, das darf doch nicht wahr sein! Wer meint ihr dass es ist? Ja richtig: meine geliebte Frau! Sie hielt es nicht länger mehr aus ohne mich, ist mir nachgefahren!  Andere Damen sind froh wenn der Alte einmal für ein paar Tage weg ist, bei Chantal ist es umgekehrt! Danke für die Ueberraschung Schatz! 
Nachtrag: sie hätte es sicher länger ohne mich ausgehalten, sie brachte mir die neuangefertigte Sportbrille mit verschliffenen Gläsern. Ein Qualitätsprodukt vom Optik vom Fischmarkt in Zug! Danke!
Den Rest des Tages möchte ich nicht weiter kommentieren, überlasse ich Euch der Fantasie! - War ein wunderbarer Tag, nur Sonnenschein! Stahlblauer Himmel, draussen und im Herzen!

6. Mai 2016


Der gestrige Tag hat wirklich gut getan! Der Hinterteil hat seine ursprüngliche Form fast zurück gewonnen, mein Bewegungsapparat gleicht nicht mehr dem eines Cowboys und die Freude, im Schnitt mit über 20 kmh herum zu kurven, das ist wirklich toll. Nachdem mich das Navi wieder in die Berge gejagt hat, hatte ich genug, nahm Kurs Richtung Rhein und folgte auf tollsten Strassen alles entlang dem Rhein Richtung Rüdesheim (von hier kommt der Aspach Uralt). Ab hier schwingt der Rhein zwischen den steilen Rebbergen durch das Unesco Welterbe oberes Mittelrheintal gelassen Richtung Koblenz, wo sich die Mosel zu ihm führt. Luxuriöse Schiffe kurvten neben mit Kohle und Gas beladenen Schiffe. 
Koblenz ist die drittgrösste Stadt von Rheinland Pfalz. Tolle Momente und sensationelle Landschaftsbilder betteten sich tief in meinem Langzeitspeicher ein. 

Konklusion des Tages: Freitage können beflügeln. Oder war es mehr?

Samstag 7. Mai 2016

Es ist 22.15 Uhr, noch trage ich den Tagesstaub auf mir. Vor einer halben Stunde habe ich erst das Hotel - welches seinen Namen aber überhaupt nicht verdient - bezogen, und schwelge mich noch immer in den Eindrücken des Tages! Diese muss ich zuerst verarbeiten! Es war sagenhaft, landschaftlich enorm eindrücklich, tolle Radwege, malerische Städtchen umgeben von der Natur, welche sich von ihrer eindrücklichsten Seite gibt: blühende Bäume, saftiges grün soweit das Auge reicht, sich zu einem Konzert formierende Vögel, alles einfach wunderbar! Ich habe heute 140km genossen, abgespuhlt, dankbar auf meinem internen Memory Chip hoch oben in der 23. Hirnzelle (hoffentlich nicht die letzte) gespeichert. 
Ich lasse Die Bilder sprechen, wünsche allen Mami's dass sie nicht nur Morgen sondern auch immer wieder unter dem Jahr verwöhnt werden!! Was wären wir ohne Sie? Weniger als wir glauben zu wissen! Danke Mami und alle anderen Mami's😘😘😘!

Konklusion des Tages:  es braucht wenig um glücklich zu sein! Augen auf und dankbar sein.

Muttertag Sonntag 8. Mai 2016

Liebe Mütter, die Sonne war organisiert für Euren Tag, ich hoffe Ihr konntet ihn in vollen Zügen geniessen! Es sei Euch allen herzlich gegönnt, hoffentlich nicht nur heute sondern auch alleanderenTage im Jahr 😉
Da ich dieses Jahr nicht persönlich vor Ort sein konnte, habe ich mir etwas spezielles für Euch ausgedacht. Das Foto sei Euch gewidmet!

Ansonsten gibt es nicht viel positives vom Fahrrad bzw. der Strasse zu berichten. Früh heute Morgen gestartet, ohne Kartenmaterial und einem Navi welches seinen Namen nicht verdient! Technische Probleme, kein Tourist Office offen und Leute welche selber ihre Umgebung nicht kennen. Bin in Düsseldorf Richtung McDonald's gefahren, WLAN aufgebaut und versucht das Navi neu aufzusetzen. Geflucht habe ich ganz toll, habe um mindestens 30 Jahre gealtert. Es wird morgen ein hartes Stück Arbeit mit 80 Jahren auf die Strasse zu gehen 😉
Ich war nahe dran, die 24h Helpline meines Bruders zu kontaktieren, um ihn mit meinen techn. Problemen zu konsultieren 😁
Nachtrag: seit dem Beginn meiner Reisf wünsche ich mir nichts mehr, als mich abends in eine Badewanne zu legen. Bis heute blieb sie mir vorenthalten! Ich gebe nicht auf! Muss ich bis Dänemark drauf warten? Ich halte auf dem laufenden 🛀

Konklusion des Tages: Ich fühlte mich heute eher auf einem Fox Trail bzw. wie ein fahrender Orientierungsläufer ohne Karte. 

Montag und Dienstag 9. und 10. Mai 2016

Langsam aber sicher fühle ich mit jedem Tag freier, zufriedener,geniesse die tollen Momente, ich mit mir, ganz eins mit der Natur. Ich geniesse die Vorzüge, dass niemand auf mich warten muss - oder umgekehrt - freue mich an Kleinigkeiten, geniesse dassMittagessen nun stehend (sitzen kann ich ja den ganzen Tag), verspüre keinen fremdbestimmten Druck, stelle mein Fahrrad zur Seite wenn es etwas zum bestaunen gibt. Freiheit wie ich es mir gewünschthabe. Danke dass ich dies geniessen darf, danke dass alles gut verläuft.

In der Zwischenzeit habe ich die Schweizer Fahne auf meiner Fronttasche platziert, diskret, bin ja noch nicht über die deutsche Grenze! 
Da fragt mich ein Ehepaar: "Fahren sie in die Schweiz?" "Nein, ich komme von dort und fahre weiter Richtung Norden". "Ja, das ist ja gigantisch weit!" erwiderte der Herr. Ich drehe mich ab, da höre ich sie noch sagen: "Es geht ja nur abwärts". Recht hat sie.... 

Konklusion des Tages: Freiheit, ein unbeschreibliches Gefühl!

Mittwoch, 11. Mai 2016

In den letzten Tagen hatte ich genügend Zeit, mich mit ihm zu beschäftigen:

"Feigling, gib doch deinem Namen endlich ein Gesicht, ich halte dich nicht mehr aus!"
Meine Schimpfworte verfliegen ungehört in der Weite der Natur... Ich versuche die Lautstärke zu erhöhen, ein paar schlechte Worte rollen über meine Lippen, doch es ändert sich nichts..!

Nie bist du alleine, er ist immer bei Dir! Du brauchst ihn, nimmst ihn dann nicht zur Kenntnis, wenn es dir läuft. Ist immer dann dein Gegner, wenn du ihn spürst, macht ihn unausstehlich wenn ich schon zu beissen habe, tritt ohne Vorwarnung ein, wechselt seine Windeln wann und wie es ihm recht ist, gibt mir ehrlich gesagt auf den Geist! 

Er ist gefühlvoll, kann schmeicheln, bringt dir die Frisur in die gewünschte Richtung, streichelt dir übers Gesicht, wenn er will kann er auch Auftrieb verursachen, ist nicht fassbar, aber spürbar, möchtest ihn festhalten, manchmal auch bestrafen, ist immer und überall, kennt keine Grenzen, kann Wärme und Kälte erzeugen, die Vögel benutzen ihn, trägt Blütenstaub durch die Luft, vertreibt schlechte Düfte, dreht schneller als uns lieb ist, kann Kopfschmerzen verursachen, treibt Sahara Sand über unser Land, ist ein toller Wettervorhersager, trocknet die Wäsche.

Ja, lieber Wind! Ich bin Dir ja dankbar, dass es dich gibt, denn Du hast doch auch Vorzüge...Vorallem dann, wenn du von hinten wehst... Dann fühlt es sich an, wie 
ich von Flügeln getragen werde. Ich bin mir bewusst, dass nicht alle Richtung Norden fahren, daher kannst du es nicht allen richtig machen. Aber ich habe wegen dir schon viel gelitten, stundenlang in den letzten Tagen. Du machst mir die Beine schwer... 
Dein Wind hat mir nun genügend Stunden um das Gesicht geblasen. Ich habe dich akzeptiert, ich dulde dich. Heute Nachmittag, nach gefühlten drei Tagen Gegenwind hast Du mir zärtlich mit wärmender Luft übers Gesicht gestrichen, gelächelt und gemeinsam haben wir (fast) Frieden geschlossen! Ab heute machen wir einen historischen Schritt aufeinander zu und schliessen einen einmaligen, grenzüberschreitenden, für europäische Verhältnisse einfachen Vertrag: ich akzeptiere dich als Gegenwind, du garantierst mir dafür, während der ganzen Reise kein schlechtes Wetter zu bringen!! Oder fast keines, dies ist mein schweizerischer Kompromiss! 

Übrigens: ich kann es kaum erwarten, bis ich in die erste Badewanne sitzen kann... Wunschdenken?

Konklusion des Tages: es werde windstill!

Donnerstag 12. Mai 2016

Nachtrag zu gestern, zum Thema Wind: 
Ich möchte nicht politisch werden, aber lieber Wind, du hast mit einem Schweizer einen Pakt geschlossen, und dieser beruht auf Gegenseitigkeit . Bitte habe nicht das Gefühl, den Steinbrück raushängen zu müssen, den dies heute hatte nicht viel mit Velofahren zu tun. Also, du hast noch Verbesserungspotential, morgen ist mein Ruhetag, hast Zeit zum überlegen!!!

Ein erstes grosses Ziel wurde heute erreicht! Ca. 1'500 km direkt in einer Hafenstadt. Mehr dazu später... Nach dem tollen Flow-Erlebnis von gestern, kam ich heute einfach nicht auf Touren. Der sekündlich wechselnde Wind verhinderte den Tritt zu finden. Meine Töpfe waren eher übersäuert und ich hatte mit einem "kurzen" Tag gerechnet. Nach zwei Stunden den ersten power nap, Bänklein anfahren, Helm angelassen, Beine hochlagern und 15 Minuten Kraft holen. Das hilft, probiert es mal aus. Viel entlang den Strassen gefahren, zum Glück immer mit separatem Velostreifen, Fasan und Hasen überrascht und... wenn immer die grossen Windräder am Horizont auftauchen, dann heisst es zuerst Schweizer Schokolade in die Schublade zu schieben, lieber grosszügig, und dann heisst es für 20 Minuten beissen. Wind aus allen Himmelsrichtungen. Das Problem ist, dass die täglich gekaufte Lindt Schokolade Ration, nur für eine Stunde hält, denn es hat überall Windräder 😂
Heute Morgen habe ich - hatte wieder mal WLAN - ein Hotel für zwei Nächte gebucht, denn ich werde eine der grösseren Städte Deutschlands anfahren. Doch 20 km vor Stadtanfang, verhundst mir das Navi meine Freude. Vor dem mobilen Zollamt läuft nichts mehr. Und wer - ja richtig geraten - Hamburg kennt, der weiss, relativ komplex mit dem Fahrrad. Also anderen Radlern hinten nach. Jetzt weiss ich warum das Navi nicht mehr weiter wusste... den Fluss unterqueren. Wie soll er das anzeigen? In einem unscheinbaren Haus ging es wie für Männer die unter Tag arbeiten, den Schacht hinunter, in einem grossen Lift..... Dort war es sau kalt. Eine Veloweg mit zwei Trottoirs führte unter dem Fluss durch (Elbe/Alster?), etwa 500 Meter lang...finally arrived! And now? Das Navi führte mich sage und schreibe 75 Minuten durch alle, auch nicht nur angenehme Quartiere. Um 21.15 Uhr bin ich bei 7 Grad angekommen... Und auf was habe ich mich gefreut? ... Ja richtig, auf einr Badewanne! In Gedanken war sie schon gefüllt, Schaum zuhauf ... Und was ist daraus geworden? Mehr dazu morgen 😉
Übrigens, ist weiterhin schönstes Wetter hier im Norden. Wenn Engel, sorry Schweizer reisen 😉

Konklusion des Tages: nächstes mal Ruhetag einen Tag früher planen! 

Glückstag, Freitag 13. Mai 2016

Zuerst gibt es Arbeit! Waschen, eine gute Stunde. Mein Hotelzimmer sieht aus wie eine Waschküche.

Was für ein sagenhafter, wunderschöner Tag! Richtig gemacht zum geniessen. Ich watschle durch Hamburg, genehmige mir Fish and Chips, mache halt in der Kaffeerösterei, geniesse ein paar toll schmeckende Espressos und geniesse das Nichtstun. Ich war sicherlich schon zehn Mal in Hamburg, immer wieder toll die Stadt zu besichtigen. Alles top modern, schöne Bauten, Arme der Alster erstrecken sich quer durch die Stadt (Klein Venedig ☺️) und als Highlight die Elbphilharmony, entworfen durch Herzog & de Meuron. Die Kosten wurden bei Baubeginn 2007 auf rund 80 Mio. budgetiert, musste mehrmals nach oben angepasst werden und hätte im 2010 fertig gestellt werden sollen. Heute ist der Bau noch immer nicht abgeschlossen und kostete in der Zwischenzeit sagenhafte 750 Mio., Faktor 10. und ist noch nicht fertig, voraussichtlich Oktober 2016. einmal mehr, wenn der Staat die Bauherrschaft übernimmt ... Einzig das Ausgehviertel ist so was von herunter gekommen,  überall komische Typen, rechts umkehrt und lieber in bessere Quartiere weiter ziehen!
In der Zwischenzeit gibt es ein paar Wolken, freue mich morgen Richtung Dänemark zu fahren, rechne in zwei Tagen die Grenze zu überqueren ...

Übrigens, es gibt spannende Neuigkeiten von der Badewannefront! Es ist lohnenswert morgen wieder dabei zu sein. Noch ein wenig Geduld, schwierig gäll ... 

Konklusion des Tages: Nichtstun kann manchmal so schön sein!

Geburi Chantal, Samstag 14. Mai 2016

Wem sagt dieses Datum etwas? Vergessen, dann hast Du noch 3 Stunden Zeit zum gratulieren!
Ja der heutige Tag hatte es in sich. Es gab vier Highlights. 
Meine Frau Chantal geniesst heute ihren Geburi, dieses Mal ohne mich 😏 Doch die Jungmannschaft feiert mit Chantal, so ist die sicher bestens aufgehoben 😊 Herzliche Gratulation🍸🎂 Dir liebe Chantal alles Gute und danke, dass ich trotz deinem Geburi meinen Reisetraum erfüllen darf. 
Es tut sich was an der Badewanne-Front 🛀 Ab heute habe ich einen Copilot. Dies zum zweiten Highlight. Mein Cockpit war bis heute ziemlich verwaist... Da ich seit Tagen auf der Suche nach einer Badewanne bin und ich dann das warme Nass alleine geniessen darf, habe ich mich entschieden, eine Ente, welche beim Chinesen schon auf der Menükarte statt, zu retten. Ab heute wird sie zusammen mit mir die Reise bestreiten (Ines, hat viel Ähnlichkeiten mit Deiner... wollte aber in keiner Weise Deine Idee kopieren). Damit sie nicht ganz alleine ist, hat sie auch den Froschkönig mitgenommen. 
Für das dritte Ereignis habe ich immer gehofft, es würde nicht eintreten. Es war kalt und sehr windig und um die max. 8 Grad, dann verlor ich an Geschwindigkeit ... Der hintere Reifen hatte Platten! Für mich ist klar wer schuld ist!! Die Ente mit seinem Kompagnon ... Die waren definitiv zu schwer. Kann nicht sein dass ich 1500 km ohne Defekt hatte, und kaum habe ich zwei Passagiere dabei... Übrigens die zwei haben sich köstlich amüsiert beim zugucken, wie ich das Rad reparierte... sehe selbst.
Und zu guter letzt hat es noch gehagelt. Am Morgen bin ich bei 4 Grad losgefahren, und das Thermometer stieg nie über 9 ... Gestern noch bin ich in kurzen Hosen bei über 23 Grad durch Hamburg gezottelt und nun grüssen die Eisheiligen. Häbet en trochene und gmüetlichä Sunntig ☺️

Übrigens, auch heute gab es keine Badewanne...

Konklusion des Tages: es gibt Hochs und Tiefs. Das Tief sollte nie tiefer als das letzte Hoch sein 😉

Pfingsten, Sonntag 15. Mai 2016

Ja der Tag hatte es in sich. Kalt, windig, Weltuntergangsstimmung, Hagel, Sonne, Gewitter mit Blitz und Donner, so richtig Wetter zum unter der Decke zu bleiben .... Doch es heisst weiter zu radeln, sich zu bewegen... 
Gestern Abend hatte ich ein Hotel gesucht, von den dreien im Dorf hatte eines geschlossenen, die anderen zwei eine Gesellschaft. Ich war ziemlich erschöpft und klopfte hoffnungslos beim letzten an: "Na klar kommen Sie rein". Sie zeigte mir das Zimmer und meinte, sie könne mir das gleiche Essen wie die Gesellschaft machen. Na klar doch, kann nur gut sein. Vielfach frage ich nicht nach dem Preis für das Zimmer, sind ehrliche Leute! 
Am Morgen bei der Abreise die Rechnung: Einzelzimmer mit Frühstück, 2.5 dl Rotwein, 1 Coke, selbstgemachte Spargelsuppe, drei verschiedene Braten, drei Gemüse, Kroketten und Kartoffeln und für das Dessert musste ich Forfait geben, heisst doch was bei mir... Und rate was kostete das ganze... Übrigens MwSt in D ist 19%., nein knapp daneben geraten... immer noch nicht ganz richtig... Ja, volle 63 Euro... 
Doch zurück zu heute... Es war ver... kalt, dann wir der Himmel dunkelschwarz und innert Minuten musst du einfach flüchten.... Zweimal Glück gehabt unter der Autobahnbrücke konnte ich ausharren, einmal mitten im Geblitze, nicht dabei, sondern mitten drin .... Weiter, alle Regenkleider montieren, doch irgendwie macht der Regen Spass...
Doch dann geschieht es: draussen im Nirwana, ich komme nicht ganz von der Klickpedale, noch nie in meiner ganzen Radkarriere passiert, küsse ich den Asphalt. Niemand hier zum ausweinen, coolen Kopf bewahren, Voltaren in Tablettenform oben rein und Creme 20 Minuten auf der Handballe eingerieben. Die Schwellung geht zurück. Cockpit und Sitz gerichtet und weiter geht es.... Alles paletti ...
Ich fahre gut, komme voran. Ich kicke ein Ehepaar an und frage ob das der Nord Ostsee Kanal sei. Na klar. Ob die Richtung Flensburg auch stimme. Nicht ganz, 180 Grad verkehrt... Darf nicht wahr sein, ich war in Kiel... Na ja, macht einen Umweg von nur 80 km... Als ehemaliger Hobby OL Läufer ist dieser Fehler unverzeihlich ... Ich hatte einmal noch den Kompass konsultiert, aber wegen eingeschränkter Sicht ist der Fehler geschehen... Bzw. das Navi hatte immer diesen Weg angezeigt...So mache ich mich anstatt auf die Badewanne suche noch eine 3 1/2 stündige Abendrundfahrt, mit mir und nur mit mir. Übrigens, das Entchen und der Frosch hielten still, denn sie wussten, jetzt mag es keinen Kommentar mehr leiden...
Übrigens, Nachtessen war um diese Zeit nicht mehr zu bekommen. Ein mit mir Mitleid habender Türke hatte trotz fast Feierabend nochmals Zeit genommen und ist kurz in die Küche gestiegen. Was haben die Deutschen gegen Türken?

Konklusion des Tages: Konzentration ist ein und alles wenn es um das Freizeitgerät geht... 

Pfingstmontag, 16 Mai 2016

Ich freue mich über den heutigen Tag! In ca. 4-5 Stunden Fahrzeit werde ich Deutschland danke sagen für die gewährte Gastfreundschaft. Die Leute haben immer Freude, wenn sie mein mit Schweizer Akzenten versehenes Deutsch hören. Bald bist du im Gespräch, es gibt zu erzählen. Spätestens wann der Norddeutsche hört, dass ich mit dem Velo (verstehen den Ausdruck definitiv nicht, habe bewusst mehrmals versucht den Namen zu verwenden😂😂) angepedalt kam, dann ist der Respekt von den Schweizern spätestens jetzt da!! 
Endlich Grenzen überqueren und überschreiten. Mal sehen ob die verstärkten Grenzkontrollen an der Grenze zu Dänemark auch für nicht Asylanten gelten...?
Vorderhand geht es noch nach Flensburg, scheinbar einer der ganz wenigen Altstädte in Deutschland welche nicht verbombardiert wurden... Schöne Häuschen, kurz noch beim Chinesen eine Ente verdrücken damit ich mit genügend Schwung über die Grenze mag. Möchte die Grenzbeamten mal sehen einen Velofahrer unschädlich machen ... Vor den Beamten kurz das Velo parkiert, Fotoapparat raus und die Grenzschilder fotografieren ... Geht doch, scheinen an dem mit der roten Jacke kein Interesse zu haben - ist ja klar, könnte ein Däne sein! Zügig geht es weiter, es gibt nur einmal Wind, von oben, unten, von der Seite .... Konzentriert arbeiten, Lenker immer fest festhalten. Wunderschön, es geht auf und ab, über Felder und Weiden, über Sch(l)otterpisten und über die .... teilweise hunderten von Metern langen "Bsetzisteine", kaum auszuhalten... 

Übrigens, auch im sehr teuren Danish Hotel gibt es keine Badewanne ...  

Konklusion des Tages: neues Land, neue Motivation! Ich bin im Land der danish dynamite... 
Godnat for alle!

Dienstag, 17. Mai 2016

Es war ein hartes Stück Arbeit mit vielen auf und abs, dies in einem Land wo doch flach erscheint.. Die ersten 70 km waren fast alle der Hauptstrasse entlang, immer vollste Konzentration mit meinemschweren Gestüt war gefordert! Überholt dich ein Lastwagen mit 80 kmh und hat sonst noch Wind... erübrigt sich ein Kommentar. Heute habe ich gegen 140 km abgespuhlt mit fast 900 MeternHöhenunterschied, immer nur aufwärts gerechnet...
Abwechslungsreich an der Landschaft sind die gelben Rapsfelder, die paar Häuser mit Strohdächern sowie das ständig wechselnde Farbenspiel mit Sonne,  Minuten später schwarzen Wolken, Kontrast in Reinform...

Konklusion des Tages: jeden Tag die Strasse mit anderen Verkehrsteilnehmern zu teilen, das wäre die Reise nicht wert ...

Mittwoch, 18. Mai 2016

Farvel Denmark 🇩🇰 - Välkommen till Sveriges 🇬🇦

Wow, das war aber knapp.... mehr dazu später...

Kaum habe ich mich an den Wind in Dänemark "gewöhnt", heisst es schon wieder Abschied nehmen. Die 40km Fahrt von Kopenhagen nach Helsingor entlang und durch wunderprächtige Baumalleen immer mit dem Blick Richtung Meer war eine Wucht! Obwohl mir Dänemark sehr gefällt, ist die von mir gewählte, möglichst direkte Veloroute durchs Landesinnere nicht sehr abwechslungsreich. Die Küsten hingegen sind wunderschön, wenig besiedelt, immer wieder tolle Häuser mit Strohdächern. Besser Stroh als Dach, als Stroh im Kopf 😬 In Helsingor heisst es mit dem Schiff übersetzen nach Helsingborg.

Mit meinem vollbeladenen Bike werde ich immer und überall beäugt. Dies ist gut so, komme ich doch immer sofort ins Gespräch. Da die Dänen und Schweden fast ausnahmslos sehr gut bis perfekt Englisch sprechen, gibt es viel zu erzählen und wer mich kennt weiss, dass ich immer einen Spruch auf Lager habe.
Dann gibt es da noch das Thema Brücken. Da wurde eine sechsspurige gebaut, leider aber nicht für Bikes. Ist auch kein Problem, wenn das Navi Dich nicht immer darauf lotsen möchte... Da die Umwege über andere Brücken teilweise beträchtlich sind und Fussgänger nicht überall präsent sind, so halte ich mein Rad an und spiele den Polizisten. Wenn von weitem ein Zweirädriger auf mich zurast, bremse ich 20 Meter vorher, hebe den Arm in die Luft und siehe da, ein jeder bremst. So erhalte ich die nötigen Auskünfte. Auf schwedischer Seite muss ich dies öfters tun, denn die blonden Schwedinnen ..., Na lassen wir das, dann komme ich nicht mehr vorwärts. 
Heute morgen wollte ich mit dem Fahrrad die Brücke von Nyborg nach Korsor überqueren, einer meinte besser nicht, sonst komme die Polizei. Fände ich noch fun, würde ich erstens abgeschleppt - wüsste zwar nicht wie - , zweitens käme ich in der Zeitung und drittens müsste ich keine Maut bezahlen... 
Eigentlich wollte ich Morgen einen Ruhetag in Kopenhagen einschalten, da der Marathon am Samstag ist, sind alle Hotels in der Stadt und der näheren Umgebung ausgebucht, zumindest die unter Euro 500 p.P.. So entschied ich mich, gegen mein Vorhaben, einen Teil der Strecke mit dem Zug bewältigen. Dies war die einzige Chance, dass ich nicht mit Kollegen unter einer Brücke schlafen muss. Und genau das wäre mir fast geschehen, es war wirklich knapp! Ich hatte hier in Schweden in der Stadt alle Hotels, Campings und b&b's abgeklappert. Alle ausnahmslos ausgebucht. So habe ich mich um 20.30 Uhr entschieden, obwohl müde und verschwitzt, die Nacht durch zu fahren... Was hätte ich für eine andere Möglichkeit. Ich hatte Hoffnung. Irgendwie entlang der Küste weiterzufahren, vielleicht gab es dort noch irgend jemand, der einen homeless aufnehmen würde. Ich hielt schon Ausschau nach einem Gartenhäuschen etc.. Ich hatte schon aufgegeben, nicht mich, da hiess es Tagungsort .... Ich trampelte den Hügel mit meinen übersäuerten Beinen hoch, war froh in einen geheizten Raum zu kommen und fragte die Rezeptionistin, ob sie nicht verbarmen mit mir hätte... Und ja, sie hatte es. Ein Zimmer war noch frei... Natürlich nicht mit ihr, war auch keine richtige Schwedin, sonst wäre sie blond gewesen 😂
Übrigens, mit der Badewanne hätte es fast gereicht, zumindest Platz für deren drei hätte es gehabt.... Aber eben, hätte...

Konklusion des Tages: think positive, there is always a way out 😁

Donnerstag 18. Mai 2016

Der längste Tag im Leben eines Tourenfahrers....Unglaublich aber wahr...
Aber der Reihe nach....

Für mich früh gestartet, es war ja schönes Wetter! Ich montierte schon sofort die kurzen Hosen, damit die Beine wieder einmal direkt Fahrtwind geniessen konnten. Nach 10 Fahrkilometer, jagen sie mich den Hügel hoch, als wollten mir die Schweden zeigen, hier gibt es auch Berge! Auf knapp 1.5km bewältigte ich 300 Höhenmeter und dann ging es quer durch den Wald, auf, ich weiss nicht wie ich diese Strässchen nennen sollte, irgend etwas wie BMX-Strecke oder Explorationsweg. Ich fühlte mich als Tourenfahrer missverstanden, denn da war eher Mike Horn gefragt!!
Da stehst Du draussen im Wald, im Nirwana, schreist dir den Frust vom Leibe, dass die Bäume in ihrer Gradlinigkeit erstarren, das Pfeiffen der Vögel ist nicht mehr da, es herrscht Stille wie nach einem Nahkampf, bis Minuten später das Leben im Wald wieder seinen Lauf nimmt. Fast. Der Müller ist zwar immer noch hochrot im Gesicht, doch der Adrenalinpegel ist wieder auf ein gesundes Mass zurück. Der Arzt würde sagen, so gibt es sicher kein Bauchgeschwür. Für das musst du nicht Arzt studieren, dies wusste ich ja schon selber 😂
Anschliessend genoss ich abwechslungsweise die wunderschöne Landschaft, die farbigen Ferienhäuser und zuletzt lag ich in den Dünen und genoss die Sonne auf dem Körper... Schwierig vorwärts zu kommen, wäre schöner hier länger zu verweilen. Kurz vor Halmstadt kicke ich einen Tourenfahrer an, Thomas, Belgier in Deutschland lebend. Sein Leben scheint auf dem Velo zu sein, hat er dich schon gut 20'000 km abgespult... Wir unterhalten uns länger und er erzählt mir, dass er pro Tag mit Euro 2 !!! auskommt.... Er ist gerade am Biskuits picken, ich gebe ihm von meinem Vorrat, überreiche ihm eine frische Tafel Schweizer Ragusa, gekauft auf dem Schiff und fahren weiter. Gegessen habe ich wenig, um 17 Uhr meldet sich der untere Teil des Halses,spontan lade ich ihn auf eine Pizza und ein kleines Bierchen. Alkoholgehalt 3.5%, andere Biere in nicht konzessionierten Restaurants nicht erhältlich... Wir plaudern und fahren weiter, ich unterschätze dass der nächste grössere Ort noch rund 35 km entfernt liegt... Mit dem Tourenrad mindestens 2 1/2 Stunden Arbeit. Und so geschieht, was ich gestern noch abwenden konnte... Ich finde kein Hotelzimmer ..... Sch... Ich klappere alle Hotels ab und versuche irgendwo ein Plätzchen zu ergattern... Nichts zu machen, niemand hat Mitleid! Und wo sind plötzlich alle Kollegen, welche unter der Brücke schlafen. Ja jetzt habe ich definitiv den Mist, was soll ich tun? Mike Horn hätte es da einfacher, er muss sich in der Natur nie ein Zimmer suchen... 
So versuche ich kreativ zu werden... Wo gibt es ein Restaurant welches mind. bis 24 Uhr offen hat, um die Nacht kürzer werden zu lassen? Gefunden, um 22.30 mit Veloklamotten das Lokal betreten, da verstehen die Schweden die Welt nicht mehr. Ich auch nicht.... Zuerst einen Kaffee rein, dann ein Glas Rotwein - habe gelernt dass die unter den Brücken Schlafenden sich dies auch genehmigen 😉 - weil da gibt es ein Plättli Salami mit Rohschinken. Ich muss ja die Zeit bis ich rausgeschmissen werde überbrücken... Ich habe als Vorrat für die Nacht noch Nüsse und eine halbe Tafel Schokolade... Ja es ist langsam Zeit sich für die Nacht vorzubereiten? Soll ich irgendwo eine Stunde schlafen, weiterfahren, irgendwie ein ganz spezielles Gefühl.... Raus in die Nacht in fremden Gefilden, keine Ahnung in welche Himmelsrichtung.... Wohin wird mich der Weg führen? Ich weiss es, nein ich habe absolut keine Ahnung...Jetzt ist vollste Konzentration gefragt .... Für die nächsten 8 Stunden.... Bleiben Sie dran, ich muss dran bleiben .... Selten war die Nacht so dunkel wie heute.... 

Uebrigens: auch bei mir ist es Morgen geworden. Für die Eltern, Kindern und Schwiegereltern sowie solche mit Herzrhythmusstörungen: es ist gut gekommen! Für alle anderen unbedingt heute Abend oder morgen weiterlesen.... 

Konklusion des Tages: noch keine, denn dieser ist noch nicht vorbei...

Freitag, 20. Mai 2016

Raus ins Dunkle, es gibt keine Wahl! Eigentlich wäre fast Vollmond, doch Wolken bedecken seine Leichtigkeit.
Stirnlampe montiert, Lichter des Velos sind eine Wucht, jetzt konzentriert bleiben, nicht aggressiv fahren. Ich habe die Strategie entwickelt, nur so schnell zu fahren, dass der Körper nicht schwitzt. Alles ist dunkel, finster wie in einer Kuh! Zuerst ein Gefühl zu entwickeln der Richtung, der Umgebung, schwierig. Es ist wie wenn du das Freiamt runterfährst, aber niemand ist auf der Strasse. Alle vereinzelten Häuser haben Beleuchtung in der Küche, und Haus oder wo immer. Präsenz markieren auch um 01.15 Uhr. Ich habe entschieden, nur auf der Hauptstrasse zu bleiben, den die schlecht markierten Velowege führen vielfach an Privateigentum vorbei, teilweise an Bauernhöfen, da ist besser um diese Zeit niemand aus dem Bett zuholen. Da nach ca. 90 Minuten, wäre in Wohlen, das erste Auto. Mein Scheinwerfer ist aber definitiv stärker 😉 Der Körper rebelliert, leichte Krämpfe machen sich bemerkbar. Absteigen, wie alle 20 km ca. , ein paar Dehnungsübungen machen und dann weiter. Es ist erst 3 Uhr in der Früh, der Körper zollt Tribut der letzten 13 Stunden auf dem Fahrrad...  Und nun beginnt es zu regnen. Danke schön, einziges was noch gefehlt hat... Der Instinkt sagt weiter, der Verstand nicht. Ich darf nichts riskieren, sonst kann die Reise heute Nacht zu Ende sein.... Ich halte Ausschau nach Bänken, weit und breit nichts, keine Liegenschaften, keine Kirchen, einzig ein Igel lässt meinen Lenker herumreissen. Ich muss stoppen. Da gibt es immer an beleuchteten Orten Bushaltestellehäuschen .... Ja das muss es sein, teils windgeschützt, weg vom Teerboden. Ja, da muss ich noch etwas beichten. In den letzten 45 Jahren habe ich nichts mitlaufen lassen, damals einen Fünfermocken. Dieses Mal habe ich deftiger zugeschlagen: im Gartenrestaurant liess ich eine kleine Wolldecke mitlaufen ... Klauen gegen Trinkgeld. Ist ja irgendwie ein gerechter Tausch, das Geld bleibt im Wirtschaftskreis und ich kann überleben 😬 Nach der gefühlten zehnten Haltestelle  bremse ich, der Druck in den Händen transferiert auf die Bremsklötze ist grösser, als die Kraft in den Beinen. 
Alle noch vorhandenen Kleider werden übergezogen und ich mache es mir bequem. Von wegen. Die Länge des Bankers stimmt, die Breite ist knapp genügend für einundhalb Arschbacke... Und hart. Selbst mit dieser Müdigkeit falle ich lange nicht in den Schlaf! 

Um 5 Uhr rast einer an mir vorbei und hupt, innert Sekunden bin ich wach... Es wird langsam hell... 

Ich packe meine Sachen, es beginnt in Strömen zu regnen... Ich muss warten... 

Fazit der Nacht: spätestens Mitte nächste Woche werde ich das Problem mit fehlenden Betten definitiv nicht mehr haben. Nächste Woche dazu mehr... 

Heute morgen werde ich nicht wach. Der Schlaf hat mir gefehlt. So kann ich nicht fahren. Kaffees haben erst in ca. 90 Minuten offen, ich muss eine Entscheidung treffen: Risiko, ja, aber ich bin nicht bereit? Verstand sagt: nimm den Zug nach Göteborg, Dir fällt keinen Zacken aus der Krone. Du darfst nicht! Nein. Nein. Nein☝das Risiko ist es nicht wert... Und was habe ich entschieden?

Übrigens: es haben sich zwei Sachen im Bereich Badewanne getan! Meine Ente beschwerte sich, dass sie bis heute noch nie Auslauf im Wasser gehabt hat. Und dabei ist es ein Wassertier. Also sofort nachholen. Siehe dazu die Bilder. Sie meinte zwar, das offene Meer hat Angst gemacht! Hat recht, besser bei mir auf dem Lenker, da hat sie die Übersicht.
Zweitens: meine Kollegen haben eine Task Force gebildet und sich dem Problem Badewanne angenommen. 
Die Lösung ist der Hammer und sofort umsetzbar. Ich bin dabei, da hat es definitiv Platz für zwei, für die Schwedin und mich! Sorry Ente, dieses Mal musst du draussen bleiben! Ist wohl besser für Dich.

Siehe folgender Link:


Rene Stalder, unten hat es noch ein Foto für Dich !

Fazit des Tages: im Nachhinein machen die Faszination der Reise genau die nicht immer planbaren Sachen es aus. Aber erst nachher 😏

Samstag 21. Mai 2016

Ich genoss einen wunderbaren Tag mit Nichtstun, Stadt besichtigen. Ausschlafen und den anderen 45'000 Läufern beim Stadt Marathon zuzuschauen. nach New York der zweitgrösste Lauf der Welt! Ich habe auf meiner Reise nie soviele Zuschauer 😉
Und übrigens, es tut sich was an der Badewannefront. Die Task Force unter der Leitung von Beat Hofstetter scheint Früchte zu tragen, sehen sie selbst!

Übrigens, Nichtstun kann so schön sein. Und von der schwedischen Küche verwöhnt zu werden, wow, ein Schmaus für Auge und Gaumen!

Konklusion des Tages: der Körper dankt für relaxen! 

Sonntag, 22. Mai 2016

Motiviert nehme ich nach dem Ruhetag und mit Freude mein Stahlross hervor und geniesse es, dass heute Sonntagmorgen die Strassen wie lehrgefegt sind. Toll so vorwärts zu kommen, doch es geht über die "Höger". Rauf und runter, aber irgendwie vorwärts komme ich nicht. Nach 15 km zeigt mir das Navi den Weg durch den Wald. Und das soll ein Weg sein. Ich kämpfe mich mit meinen 40kg Gewicht durchs Dickicht, und es wird immer schlimmer. Soll ich wieder zurück? Nein, jetzt habe ich mich schon 1 km vorgekämpft. Bis zum Knöchel bin ich im Sumpf, es darf laut geflucht werden. Mehr als einmal. Mehr als zweimal...Nach 20 Minuten Kampf passiere ich direkt vor einem Bauernhof, das Herz unter dem Sattel, wow dieser Kampfhund. Ich habe schon gerechnet, meine 2.5 km wieder durch den Sumpf zurück zu kehren. Zum Glück halb so schlimm, Hund war im Zwinger, meine Schweisstropfen verdunstet. Ich musste sofort wieder einen halben Liter Wasser nachwerfen ... 10 Minuten später kommt von hinten ein Mountain Biker - übrigens gibt es ganz wenige Velofahrer in Schweden - und spricht mich an. Er zeigt mir den Weg aus dem Dickicht zurück auf die Strassen. Zusammen fahren wir noch 15 km und quasseln zusammen. Tolle Abwechslung. Die Fahrt ist angenehm warm, landschaftlich zwischen Seen und unbewohnter Landschaft mit wenigen Autos. Ich fahre durch den Nationalpark, über eine Stunde kein Auto. Es geht steil bergauf und auch wieder so runter. Plötzlich erspähe ich ein älteres Ehepaar und ich grüsse alle Leute mit einem "hej da". Der Herr stellt sich vor mein Rad und fragt mich, ob ich hier Ferien mache. Na klar doch, aber nur auf der Durchfahrt 😉 Sie haben Freude an meiner Gesprächigkeit und draussen im Nirwana offerieren sie mir einen Kaffee aus dem Thermoskrug. Der Becher sei sauber, versichert er mir, der Kaffee ist mir wichtiger. Für einmal habe ich keine Schweizer Schoggi dabei, kaufe sonst immer ein paar Lindt Schokoladen...Dieses Mal mussten sie schon früher daran glauben... 
Genau das ist es, was das Radfahrer leben so interessant macht. 
Ich setze mit der Fähre über auf die Insel Orust. Im Cafe vor der Fähre, genehmige ich mir vor der Abfahrt noch ein Crevetten Brötchen mit Eier, seht selbst! Wow,war ich froh nach 5 Stunden Fahrt! Übrigens schwierig zu essen...
Die Ueberfahrt mit der Fähre ist gratis, an vielen Orten wo es keine Brücken hat wird dies so gehandhabt.
Weit und breit gibt es keine Hotels, so miete ich mir beim zweiten Camping eine Cabin. Vollausgestattete Häuschen mit aller Infrastruktur, einzig muss es geputzt verlassen werden! Das Putzpersonal kommt persönlich vorbei. Bin froh eine Unterkunft gefunden zu haben, nächste war 2 Stunden später. Ob die frei war, interessiert mich nicht mehr! 

Übrigens, gestern hat sich Tolles ereignet. Nach sage und schreibe mehr als drei Wochen habe ich eine Badewanne gefunden! In Schweden! Seht selber. Zumindest die Ente war drin, und schaut genau hin, waren es die Beine einer Schwedin oder meine? Damit ist es in der Badewannegeschichte zu einem happy end gekommen! Oder doch nicht?

Konklusion des Tages: Spontanität wo sie nicht erwartet wird, das ist was das Radlerleben so faszinierend macht!

Montag, 23. Mai 2016

Heute habe ich mit das Hotel schon per Internet vor reserviert, denn auf den nächsten über 100 km gibt es fast keine Uebernachtungsmöglichkeiten. Hat den Vorteil, dass ich mein Tagesziel schon kenne, hat den Nachteil, dass ich mich unter Druck fühle... Es wird ein strenger Tag, landschaftlich abwechslungsreich zwischen Moor, Sumpf und Seen, leider regnet es fast den ganzen Tag. Ich habe Mühe den Rhythmus zu finden, immer wieder Anstiege über 500 Metern bis einem Kilometern, kurze Abfahrt etc.. Kräfteraubend, volle Konzentration ist gefragt, Kopfarbeit. Aber was nützt es, wenn die Beine nicht wollen? Oben Schoggi rein, Haribos, Nüsse, unten in den Beinen merken die nichts davon. Am Ende der Tages sind es 110 km mit über 1000 Höhenmetern... Ist akzeptiert, darf als Ausrede gelten. Da habe ich Wichtiges unterschlagen: ich bin in Norwegen angelangt! Da gab es kein Grenzhäuschen, nein nicht mal früher!  Wow, Freude kommt auf. Genau dort wo ich hinwill! Freude herrscht.

Übrigens, Morgen oder Uebermorgen gibt es zwei Dinge zu feiern! Bleib dran, es lohnt sich. Bist Du auch wieder dabei?

Konklusion des Tages: Fleissarbeit auf dem Rad, nein, so soll es nicht sein. Aber der Spass kommt wieder zurück! Sicher!!!

Dienstag 24. Mai 2016

24.Mai 2016

Wenn die Meter zu Kil(l)ometern, das Tagesziel zur Unendlichkeit wird, dann liegt was in der Luft. Dann bist Du nicht nur dabei, sondern mittendrin (irgendwie aus der Werbung von SAT1..) Es ist hart an der Grenze des zumutbaren, wenn selbst auf der Abfahrt noch stark in die Pedalen getreten werden muss... Zwei Gänge tiefer schalten, konzentriert bleiben, denn die grossen Taschen am Fahrrad bilden für den Wind grosse Angriffsflächen. Am Horizont ist es nicht dunkel, es sieht so aus, dass einzig Arche Noah die letzte Hoffnung ist... Ich bin dankbar dieses Mal verschont zu bleiben, aber alle die Feuerwehren 15 km später deuten doch auf ein sehr kräftiges Gewitter hin. 

Ich wollte heute auf Cancellara machen, denn heute Abend gibt es eine tolle Ueberraschung! Ich wollte schnell sein, ich wollte rasen, ich spürte den Adrenalin in mir, ich hatte den Tiger im Tank, nein ich glaube er hat mich nur gebissen...Eine riesengrosse, eine schweizerische, eine die ich schon länger kenne, eine mit Haut und Haaren. Ich freue mich wie ein kleines Kind, endlich ist es soweit? Wer wird zuerst dort sein?
Doch wenn es so weiter geht, dann werde ich erst nächste Woche ankommen. Ich habe nur ein Gegner und dieser ist einfach mächtiger... Also lasse ich das Spiel, ich konzentriere mich auf die Strasse... 
Um 16.34 Uhr das erste SMS.... Um 17.52 Uhr das zweite SMS ... Nein, die restlichen 50 km schaffe ich nicht vor 22 - 23 Uhr. Soll ich nochmals ein Hotel suchen? Nein, das kann ich nicht, das ist nicht fair! Ein kurzer Entscheid welcher meinem Sternzeichen entspricht, 5 km mit Tempo Richtung Bahnhof, Fahrplan studieren, SMS schreiben und in einer halben Stunde sitze ich im Zug! Was für ein Gefühl, entgegen meiner Strategie aber situativ vertretbar 😊 geniesse ich es für eine halbe Stunde einen Chauffeur zu haben, einem dem Wind, Salzwasser und dunkle Wolken keine Probleme machen, einer der die kürzeste Strecke kennt, einer der keine andere Wahl hat... Ich melde mich für 19.15 Uhr vor dem Hotel an. Wer wird wohl auf mich warten?... Morgen wisst ihr Bescheid 😁😇

Übrigens, heute habe ich zwei Ziele auf einmal erreicht! Morgen mehr dazu...

Konklusion des Tages: einen Tag mit Vorfreude auf etwas zuradeln, und merken dass es Neider gibt, kann ganz schön windig sein!

Mittwoch, Donnerstag 25. und 26. Mai 2016

Ja, sie war schneller, wie immer 😇 Sie hat sogar gewartet, die letzten über 25 Jahre war es umgekehrt 😂😂
Meine lieber Schatz hat gestern das Flugzeug genommen und ist nach Oslo 🇩🇰gereist. Wohl eher nicht zufällig würde ich behaupten 😬 Ich war froh sie in die Arme zu schliessen, es war ein langersehnter Moment - für beide! Ab sofort wird auch sie ihre wohlverdienten Ferien geniessen, den längeren Teil des Tages alleine, den Abend, die Nacht mit mir. Die nächsten über vier Wochen werden wir gemeinsam geniessen, sie auf vier, ich auf zwei Rädern! 
Ich freue mich riesig darauf, wie dann ein solcher Tag aussieht, werde ich gerne erzählen, sobald gelebt!
Dies war die erste Ueberraschung, gegönnt oder auch ein wenig neidisch, für einmal ist es mir egal ☺️
Das zweite Ziel, Halbzeit unfallfrei und weiterhin motiviert erreicht zu haben, darauf bin und darf ich sicher schon ein wenig stolz sein! Grösser bin ich deswegen nicht geworden, aber die rund 2'500 km auf dem Tacho zu haben, die Erinnerungen und auch manchmal herausfordernden Momente, diese kann mir niemand mehr nehmen. 
Wie meine Tochter Ylenia meinte: "Jetzt kannst du immer denken, es ist weniger was du noch machen musst, als du bisher gemacht hast!" Recht hat sie, gut zu wissen👍

Gestern und heute haben Chantal und ich die Stadt Oslo genossen! Eine sensationelle Stadt, sowohl architektonisch wie auch vom Ambiente. 

Übrigens, auch auf zwei Beinen kommt man vorwärts.. 

Konklusion des Tages: zu zweit geniessen und die Eindrücke teilen, macht es doppelt so erlebenswert!

Freitag, 27. Mai 2016

Um 12 Uhr war es soweit, deslozieren zum Hafen und Übergabe des Campers. Ab sofort weiss ich jede Nacht, wo ich schlafe (schlafen muss 😁). Meine Luxusherberge (vorallem auch preislich) nehmen meine Frau und ich im Empfang. Ein rollendes Wohnzimmer, ein Restaurant mit Bedienung, ein 24 Stunden Abschleppdienst, ein Bettencenter, eine Rehabilitationsklinik, ein Migroswagen,  eine Fahrradwerkstatt, ein Tixi Taxi, vielleicht sogar ein Masssgesalon 🤗 Und ab sofort werde ich keinen Stress mehr haben, unter welcher Brücke ich mit welchen Kollegen abends den Schlafsack teilen muss 😬 Wir werden es so gestalten, dass wir am Morgen die Strecke besprechen und meine Frau versucht, den besten Platz am schönsten Ort mit den knapp sieben Metern zu ergattern. Irgendwie clever... 
Ich wollte heute Nachmittag noch mein Fahrrad besteigen, doch nach den Einkäufen, und der 30km Fahrt suchten wir uns an einem der wunderschönen Seen ein tolles Plätzchen. Alleine, nur wir drei, direkt am See. Einrichten, Velo herrichten und vorbereiten für morgen .... 

Übrigens, das Nichtstun in den letzten drei Tagen hat gutgetan, nicht nur mir ...

Konklusion des Tages: Oslo, für alle eine Reise wert! 

Samstag 28. Mai 2016

Die Regentropfen klopften mit grosser Wucht gegen das Dach des Campers und meinten, es wäre an der Zeit aufzustehen. Es war so kuschelig warm unter der Decke, so richtig kalt im Raum, es war schwierig sich zu überwinden... Noch zweimal versuchte ich den Wecker zu überlisten, ihm war dies eigentlich egal... Also raus, zumindest aus dem Bett, vielleicht bessert sich das Wetter noch. 
Gasherd anfeuern, Wasserkanne aufsetzen, Frühstück auftischen, Frauchen aus dem Bett reissen, Taschen packen und um späte 9.30 Uhr war es soweit: es geht los, regen in Strömen, ich bin gut verpackt. Ich fahre immer mit Licht, denn Radfahrer gibt es hier weniger als Olympiasieger ... Es ist 9 Grad Celsius, tolle 12 km Fahrt, cool zum Rhythmus finden. Doch dann geht es bergwärts, 350 Höhenmeter auf den nächsten Kilometern. Eine Kostprobe für die doch am Ende des Tages 1200 Höhenmetern, immer nur aufwärts gerechnet. Überall auf der Bergstrecke tummeln sich Schafe herum. Es ist Vorsicht angebracht, denn sie gehen über die Strasse und Mama Schaf verteidigt ihre Jungen. Es ist mir mulmig, denn die Radfahrer finden sie nicht toll, die sind angriffig! Am liebsten sähe ich sie auf einem Holzkohlegrill, denn dort heisst es: alles andere ist Beilage! Die Temperaturen fallen Richtung 5 Grad, die nächsten 4 km geht es steil hinunter, Schneekörner prallen auf meine sonnengebräuntes Gesicht... Es heisst hockonzentriert zu bleiben, denn auf der stark befahrenen Strasse ohne Velostreifen wäre ein Schwenker fatal... Tolle Landschaft, leider Sauwetter.... Ich brauche Energie, stopfe mir etwas rein, nach zwei Minuten muss ich weiter, sonst friere ich... Am heutigen AZM-Ausflug der Frösche hat es sicher etwas ganz tolles zum Essen gegeben. Das Wasser ist mit mehr als einmal im Mund zusammen gelaufen... Wieder eine tolle Abfahrt, runter ins Tal. Das Wetter bessert sich, 15 Grad! Kurze Hosen aufsetzen, noch 30km bis Tagesziel Lillehammer... Entlang dem See, aber ein stetiges auf und ab und auf und .... Also nochmals 400 Höhenmeter kommen zusammen. Aber alles hat sich gelohnt: ab heute erwartet mich jemand am Ende des Tages, die letzten 24 Tage war dies anders! 

Übrigens, Badewanne gibt es in es in den nächsten vier Wochen nicht. Die Aerodynamik des Campers hätte wahrscheinlich gelitten 😂

Konklusion des Tages: es gibt kein schlechtes Wetter. Alles nur Kopfsache!

Sonntag 29. Mai 2016

Ein Sonntag zum liegen bleiben. Kalt, 7 Grad Celsius den ganzen Tag, zusätzlich starker Regenfall. Leider nicht für mich, den mein Stahlross ruft. 
Und heute eine Fahrt auf der stark befahrenen Strasse ohne Radstreifen... Es zirkulieren alle, LKW's, Camper, Autos und ein einziges Velo, das schweizerische mit den gelben Leuchttaschen. Alle sind unterwegs, sei es Richtung Oslo oder Richtung Bergen!  Es heisst vollste Konzentration, den ein Schwenker zuviel kann Konsequenzen haben. Alles ist gut gekommen, wenig Neuigkeiten von der Strassenfront! 

Übrigens, hast Du gewusst, dass Oslo näher bei Mailand liegt als vom Nordkapp?!

Konklusion des Tages: ein hartes Stück Arbeit mit wenig Positivem.

Montag 30. Mai 2016

Heute Freitag der 13.? Ich bin nicht abergläubisch, doch seit heute...
Ungewöhnlich früh um 8.30 Uhr verlasse ich Frau und Camper... Na ist ja klar, nur für den Tag 😅 Zügig geht es vorwärts, die Beine treten in die Pedalen, als gäbe es kein Morgen mehr... Nach 90 Minuten habe ich den Bergpreis gewonnen, war ja auch der einzige Radfahrer 🏆 Es erwartet mich eine tolle Abfahrt, der Tacho zeigt selten erreichte Zahlen. Irgendwie kommt mir das ganze spanisch, sorry norwegisch vor .... Warum verläuft die Hauptstrasse nicht parallel zu meiner Route? Der Wunsch nach Tempo ist stärker als die Strecke zu hinterfragen. Ich gleite ohne Zwischenfälle ins Tal. Aber diese Hauptstrassen Nummer kenne ich ja gar nicht? Ich fahre Kurz ins nächste Dorf als mich ein Norweger ankickt: "You are lost?" - "Yes indeed! I've arrived in the wrong valley..." - "Where would you like to go?" Ich freue mich, dass er sich meiner miesen Situation annimmt, zeige aber keine Emotionen... Es gibt weder Zug noch Bus zurück, ist ja nicht nötig, bin ja mit dem Velo unterwegs... Welcher ist denn der schnellste Weg? Es gibt einen Schotterweg (gemäss Duden hat dies nichts mit Schotten zu tun 😁) , ca. 20 km. 
"How long does it take to get there?" - "Two hours, I guess. Shouldn't be too steep." - "Is there an alternative way? Which one would you take?" beschloss ich meine Fragerunde. "With traffic this way, without this way.."
Ich denke ist doch was, ein Mann ein Wort (waren ein paar mehr..). Ist doch klar welcher Weg ich jetzt nehme!Ich kaufe noch ein Fressalien ein, weiss ja nie... 
Du lieber Himmel, in den ersten zwei Kilometern überwinde ich 200 Höhenmeter ... Und dann kommt die Tafel: 42 km bis zum nächsten Ort. Der "ein Mann, ein Wort" hatte sich grosszügig verschätzt. Ist nicht nur von der Zahl ein Marathon... Der Strassenbelag ist etwas zwischen Lehm, Schotter und sonst an anderen Orten nicht brauchbares .... Ich habe keine Wahl, es geht bergwärts, 5, 10, 15 km, ich musste den gang nie runterschalten, tiefer als der erste gibt es ja nicht... Es ist noch nicht fertig, 20, 30, ja jetzt, ab dem 35igsten km geht es endlich talwärts... 35 km Aufstieg, mit Anzahl Höhenmetern, so wie wenn du von Goldau auf die Rigi mit dem Fahrrad fährst, aber nicht bis zum Chlösterli, nein bis auf Rigi-Kulm. Na, ja, und dies mit 35 kg Gewicht. Ich hatte den Vorteil, dass ich mehr Kilometern zur Verfügung hatte als auf die Rigi...  Meine Frau wurde langsam ungeduldig, denn anstatt der geplanten 2 Stunden hatte ich 4 Stunden für die Strecke ... Sie wusste ja nicht, dass ich eine Abkürzung nehmen wollte... 
Als dank dass die "Wädli" nun schön warm waren, durfte ich nochmals kurz 500 Höhenmetern bewältigen. Dieses Mal auf der richtigen Strecke....

Übrigens, der "ein Mann, ein Wort" hatte recht! Es gab keinen Verkehr! Ganze vier gezählte Wagen, das ist doch was... Und ein Schweizer auf zwei Rädern ....

Übrigens, als Belohnung für den anstrengenden Tag sah ich heute zwei Elche. Einer beim ersten Anstieg, einer kurz vor dem Tagesende ☺️

Konklusion des Tages: der Tag bringt immer Ueberraschungen, leider nicht immer die süssen Kinderüberraschungen 😏

Dienstag 31. Mai 2016

Die Sonne guckt durch die Sonnenstorenritzen und meint, es wäre an der Zeit aufzustehen, das schöne Wetter sei parat! Und wie! Wir haben auf einer wunderschönen Raststätte geschlafen, direkt neben einem See auf etwa 900 Metern. Die Birken haben noch keine Blätter, nicht einmal im Ansatz. Hier oben ist alles ein weniger später. Wir sind knapp vor den Nationalparks, immer versehen mit Hochmoor, karge aber reizvolle Landschaft. Es geht zügig voran, immer leicht talwärts, das freut der Schweizer Velofahrer. 20, teilweise 30 km/h, ich fühle mich das erste Mal wie Cancellara. Selbst mit meinen 35 bis 40 kg (nicht Körpergewicht, dass wir uns recht verstehen) Last, lässt es sich toll vorwärtskommen. Ein richtiges Flow Erlebnis, so macht es Spass. Nach 30 km gönne ich mir eine Verschnaufpause, esse das von Chantal wie jeden Tag vorbereitete Brötchen (erinnert mich stark an meine Kindergartenzeit , da hatte Mutter uns auch immer etwas mitgegeben, damit der zarte Magen nicht unter Hungergefühlen seinen Hungertod vorbereiten musste) und gönne mir auf der Bank ein kleines Nickerchen. Keine drei Minuten später fährt meine LKW Fahrerin Chantal um die Ecke, sie hatte die gleiche Idee, nämlich ein Päuschen einzuschalten. Gut ist sie gekommen, denn die fahrende Espresso Bar offerierte mir eine Tasse, ich kramte eine 200gr Schokolade hervor, und putze diese fast (aber nur fast) alleine weg. Chantal bekam, wie es sich für einen Gentleman gehört, auch ein "Reiheli", genügt vollauf. Frauen müssen immer auf die Linie schauen, finde ich richtig, so gibt es mehr für mich 😬 
Die nächsten 30 km Fahrt sind weiterhin der absolute Hit, für skandinavische Verhältnisse fast nur abwärts, darauf musste ich Wochen warten. Doch es kehrt schnell. Die nächsten 40km bei starkem Verkehr, ich alleine mittendrin zwischen hunderten von LKW's, dies ohne Radstreifen und doch eher engen Strassen. Vollste Konzentration war gefragt, ein Schwenker zuviel gibt es nicht. In rund 70km werde ich an der Küste Norwegens ankommen, in Trondheim. Ich freue mich, wartet doch ein Freitag auf mich.

Übrigens, interessiert Euch wie mein Tagesablauf aussieht? Ich komme gerne darauf zurück.

Konklusion des Tages: Sonne, Radfahrern und Freiheit geniessen, was gibt es schöneres? Sicher nicht im Büro sitzen, gället Kollegen 😁

Mittwoch 1. Juni 2016

Seit einem Monat bin ich auf der Reise. Man(n) kann sich daran gewöhnen 😉 Ich habe meine Reiseberichte durchstöbert und bin mir erst langsam bewusst, was ich bis heute erleben, erleiden und vorallem erstrampelt habe. Doch ein ganzes Stück Weg.  
Ich trete kraftvoll in die Pedalen, denn ab heute Abend werde ich mir einen freien Tag gönnen. Die achtzig Kilometer erweisen sich als topografisch schwieriger als erhofft. Aber dies ist hier in Norwegen üblich, es gibt kein flaches Gelände, immer wieder rhythmusbrechende, satte Aufstiege, kaum bist du oben, wartet schon wieder der nächste - Aufstieg 😬
Trotzdem, mit Freude radle ich der zweitgrössten Stadt von Norwegen, Trondheim, mit knapp 200'000 Einwohnern, entgegen. Übrigens der mit Abstand erfolgreichste Fussballclub von Norwegen ist hier beheimatet, spielte viele Jahre als Aussenseiter in der Champions League und führt dieses Jahr den Uefa Cup Final durch. 

Uebrigens, ich wurde gefragt, warum ich immer alle Taschen dabei habe. Einerseits sind sie beladen mit Kleidern, denn aufgrund der wechselnden Wetterverhältnissen muss ich mind. 2-3x pro Tag diese wechseln, anderseits habe ich Reparaturwerkzeuge und Ersatzteile dabei sowie das benötigte Essen inkl. 3-4 Liter Getränke. Gemäss Infozentrale, sprich Navi, verbrauche ich zwischen 4-5'000 Kalorien pro Tag, da muss ich doch etwas Futter für den stetigen Hunger dabei haben. Ich esse alle zwei bis drei Stunden etwas und vielfach gibt es lange Wege (gut über 50 km) ohne Verpflegungsmöglichkeiten und ab sofort wahrscheinlich noch weniger häufig. Also immer vorsorgen, denn einen Hungerrast kann ich mir nicht leisten. Im weiteren steige ich alle 20km oder 1 1/2 Std. Fahrt vom Rad und gehe ein paar Meter weit zu Fuss, um meinen Bewegungsapparat zu entspannen. 
Eines ist aber sicher, seit den anfänglich mitgeschleppten 20 kg Gewicht plus Velo, also 35 - 40 kg, konnte ich doch einige Kilo dem Helferwagen übergeben. Aber es sind immer noch genügend Kilogramm Gewicht, und vorallem bist du nicht sehr aerodynamisch, jeder Windstoss macht sich stark bemerkbar.

Konklusion des Tages: freue dich, es lohnt sich immer☺️

Donnerstag 2. Juni 2016

Am Morgen noch grau, aber schon bald in sonniges Wetter übergehend, bleibe ich ausnahmsweise länger liegen. Man gönnt sich ja sonst nichts 😁 Ist einfach toll alle Glieder zu entspannen, Decke nochmals über den Kopf zu ziehen und zu sehen wie sich der Frühstückstisch automatisch deckt! Nein, nicht ganz, meine liebe Chantal hat sich dieser doch so tollen Arbeit angenommen ☺️ oder anders ausgedrückt, genau so stelle ich mir das Leben vor, zumindest fast 😇 Fast, weil dann immer noch abgewaschen werden muss 😏
Wir streifen durch die wunderschöne Altstadt, gönnen uns einen - wenn schon - doppelten Espresso mit einem gefüllten Brioche, beäugen die prachtvollen, farbigen Häuser gebaut auf Holzstelzen im Wasser, kaufen erstmals Wein ein (mit 25% besteuert und nur in Alkoholshops erhältlich), gönnen uns eine norwegische Spezialität (scharfer Eintopf mit Kartoffeln, Tomaten und gesalzener, getrockneter Kabeljaul (geschmacklich unübertrefflich top)) und lassen die Seele baumeln...
Wir sind in der Stadt auf einem öffentlichen, kostenlosen Stellplatz, welcher für eine Nacht benützt werden darf. Würde ich auch gratis abgeben, denn die Maut bis in die Stadt kostet einige Zehnernoten. Die Norweger lösen das ganze Mautsystems elegant, zumindest für sie. Plötzlich erscheint eine Tafel am Strassenrand und macht auf die zu bezahlende Maut aufmerksam. Leider schon zu spät, Ausweichmöglichkeiten gibt es keine mehr. Das ganze wird elektronisch erfasst und die gesalzene Rechnung bekommst du anschliessend frei Haus geliefert... So erinnerst du dich sicher nochmals an den Urlaub. Auf den paar absolvierten Kilometern wahrscheinlich einiges über 100 Franken, gelten wir doch, zumindest von den Preisen her, als LKW. 
Wir verlassen Trondheim und wollen auf einem Campingplatz ca. 10km weiter unser Nachtdomizil beziehen. Da kommt gerade die Fähre angekurvt, wir entscheiden kurzfristig den Camper auf das Schiff zu verladen und auf die Insel Frosna über zu setzen, wo ich morgen meine Weiterreise starten werde. Ich freue mich, denn 120 km erwarten mich, der Wind ist stark, hoffentlich mit Rückenwind und schönem Wetter 😊
Ab sofort werde ich mich entlang der Fjorde bewegen. Logistisch nicht ganz ohne, ich halte Euch auf dem Laufenden! 

Übrigens, wie geht es Euch in der Schweiz? Alles noch immer am selben Ort? Rücken Eure Ferien auch bald näher?

Konklusion des Tages: gesammelte Eindrücke gemeinsam zu teilen ist viel intensiver und bereichernder!

Freitag 3. Juni 2016

Wir haben auf einem Parkplatz direkt am Meer genächtigt, gestern Abend noch einen Aperitif an der kaum untergehenden Sonne genossen, und heute -für mich- ging es früh etwas nach acht los. Endlich war ich weg von der extrem stark befahrenen Strasse E6 und erhoffte mir, mich endlich auf die Landschaft und nicht immer auf den Verkehr konzentrieren zu müssen. Und es war genau so, entlang dem Meer, anhalten, Foto schiessen, geniessen, Freude haben, an Kollegen im Büro denken 😂, strampeln, immer weiter Richtung Norden. Endlich einmal Windstille, aber immer wieder happige Aufstiege. Nach 50km brennen die Oberschenkel schon ein wenig, beginnen zu säuerln, schaue auf den Tacho, na ja, habe schon 500 Höhenmeter absolviert. Da dürfen sie etwas brennen. Es ging kaum zwei Kilometer ohne Steigung, so ist es in Norwegen. Am Ende des Tages kommen wieder 1'500 Höhenmeter, nur Aufstieg gerechnet, dazu. 
Bis Kilometer 70 ist das Wetter sensationell,  aber selten über 12 Grad. Der Gegenwind nimmt zu, stark wechselnde Winde jagen sich. Vorne an einer Ausweichstelle sehe ich ein Auto, ein Fahrer daneben. Sicher wartet er auf mich. Wie ein Polizist winkt er mich hinaus, spricht irgend etwas auf norwegisch, vorauf ich ihn bitte, in englisch zu wechseln. Bis jetzt habe ich praktisch nur Norweger angetroffen, welche fast perfekt englisch sprechen. Er ist etwa 65 Jahre, nimmt mein Velo unter die Lupe und sagt mir, dass er seit neustem auch ein Elektrovelo besitze. Er inspiziert meine Rohloff Gangschaltung, und sieht sich seiner Aussage bestätigt, dass auch ich ein Elektrovelo besitze. Ich belasse seine Aussage mit einem inneren Lächeln, darf so sein. Er fragt mich, woher ich komme, zeige auf meinen Fahnen auf der Fronttasche, er meint da sei ich sicher schon eine Woche unterwegs... Mindestens, meine ich mit einem Grinsen, selbst mit den Elektrovelos mit gelben Nummernschildern unmöglich, in dieser Zeit 3000 km zu absolvieren ...
Heute habe ich es wirklich toll, denn mein Schatz und Tourbegleiterin Chantal wird heute meine Wäsche machen 😊 Das erste mal seit meinem Start wurde mir dieses Amt einfach abgenommen, ohne dass ich intervenieren konnte! Sie sucht sich schon früher als gewohnt einen tollen Campingplatz an einem der fünf grössten Binnenseen von Norwegen aus. Gut so, denn draussen ist es knapp 6 Grad. Danke Dir liebe Chantal, ich bin mir bewusst, dass dies nicht selbstverständlich ist, aber irgendwie habe ich es mir schon erhofft!

Übrigens, ein Camper mit einem Innenleben von überall frisch duftender, überall herumhängender Wäsche sieht toll aus, ist aber eher mühsam, wenn du Bad, Küche oder Dusche suchen musst!

Konklusion des Tages: Tage wie diese .... so stelle ich mir mein Leben vor! 

Samstag 4. Juni 2016

4.Juni 2016

Es war kalt, einmal mehr immer nur zwischen 6 - 8 Grad, aber ausser ein wenig Nieselregen zwischendurch blieb es zwischen grau und dunkelgrau. Die Landschaft war schlicht sensationell, irgend etwas zwischen Engadin mit seinen Seen und Arvenwälder und dem Wallis mit seiner schroffen Natur, aber alles eingebettet zwischen menschenverlassen, Hochmoor und Meer, so wie Norwegen ist, Schönheit pur. Die Kälte und Höhenmeter gingen vergessen, keine Autos und zwischendurch Sound in den Ohren.
Genau so stelle ich mir meinen Trip vor, wenn ich noch ein wenig den Thermostat  nach oben regeln könnte, dann wäre es perfekt. Aber es muss ja immer noch ein wenig Potential nach oben haben 😊
Abends den Camper auf einem Berg mit herrlichster Meersicht platziert, Sonne kurz montiert, ein Glas Weisswein und Chips hervorgekramt und zusammen auf den wunderbaren Tag mit Chantal angestossen. Es gibt immer viel zu erzählen, denn während des Tages sieht man sich fast nie. Spagetti carbonara mit Lachs rundeten den strengen aber tollen Bike Tag ab! 

Übrigens, heute ist Samstag, feit wünschen Euch Lesern allein ganz tolles Wochenende!

Konklusion des Tages: es gibt so viel schönes auf der Welt. Augen auf, es ist gerade vor dir.

Sonntag 5. Juni 2016

Nachdem ich in den letzten zwei Tagen kräfteraubende 2'900 Meter absolviert habe, hoffte ich heute auf weniger Berg- und Talfahrt! Das Wetter zeigte sich immer besser und um 10 Uhr war fast keine Wolke mehr am Horizont ersichtlich. Genau so wie ich es mir vorstelle - Velowetter. Zuerst übersetzen wir mit einer Fähre für 40 Autos, wir waren zu dritt.... Die Landschaft einfach grandios, nahe am Meer, keine Autos, traumhaft ist nur der Vornamen! Die Beine hingegen waren sauer, keine Sonntagsmukis, nein, diese von einem langen Ausgang. Ich versuchte sie zu überlisten, gab ihnen was sie wollten. Zuerst Schokolade, dann belegte Brote, Apfelsaft, man waren die störrisch! Das können keine Müller Beine sein, die reagieren zumindest auf Schoggi. Kaugummi, absteigen, Banane, man waren die etwas von, sagen wir es einmal gelinde ausgedrückt, Arbeitsverweigerer. 
Was wollte ich machen, sie litten unter den letzten zwei Tagen, aber Ausreden konnte ich jetzt nicht akzeptieren. Selbst mein Hilfskonvoi, Camper mit meiner Frau Chantal registrierten alsbald, dass ich für 20 km unsäglich lange hatte. Zum Glück war mir Frau hold, und an einem absoluten genialen Platz zwischen Inseln, irgendwo am Meer, so um die 12 Uhr wartete sie, die Türe sprang auf und ich fast auf sie. Wie immer mit einem Lächeln im Gesicht meinte sie: "Komm gib mir deine kalten Spagetti, ich werde sie dir wärmen und veredeln!" Mit einem Augenzwinkern nahm ich das Angebot gerne an und war froh, mich ein paar Minuten vom eisigen Wind zu verabschieden. Meine Frau war die Rettung! Mit Frühlingszwiebeln und frischen Tomaten wurde ein tolles Mittagessen kreiert! Danke vielmals, Chantal, Du warst drei viertel meiner Rettung! Ich quälte mich über die nächsten dreissig Kilometer, Freude kam trotz des tollen Wetters nicht auf, ich litt, ich litt erbärmlich. Stöpsel rein, Musik ab, Rhythmus finden. Kurze saftige Anstiege, immer deftige Rhythmuswechsel.... Na ja, am Ende des Tages waren es wieder 1'200 Höhenmeter, immer nur aufwärts gerechnet... 4'100 Höhenmeter in den letzten Tagen, das ist ein wenig viel verlangt von mir. Ich bleibe trotzdem dran und ihr?

Übrigens, das Wetter heute ein Traum, keine Wolken, immer eine starke Bise, scheinbar besser als dieses Wetter bei Euch in der Schweiz!

Konklusion des Tages: Schönheit muss erduldet werden.

Montag 6. Juni 2016

Unglaublich aber wahr! Entweder lesen meine Beine den Blog oder die Trolle sind aus ihrem Rausch erwacht! Nach dem erbärmlich hinter mir gebrachten gestrigen Tag lief heute alles wie neu geschmiert! Sportmassage war es nicht, 😬 das immer feine Essen von Chantal hat sicher seinen Beitrag geleistet oder waren es die von Doris organisierten Trolle? Was auch immer war mir egal, das Flow Erlebnis grandios! Drei Fjorde habe ich am gleichen Tag abgespult, dreimal Fähre genommen und einmal haben sie noch auf uns gewartet. Die Landschaft war einfach unbeschreiblich schön, keine Autos und die Strasse frei für einen Schweizer Velofahrer und für eine LKW Fahrerin. Genau so stelle ich mir Ferien vor, Freiheit pur, tolle Landschaftsbilder, Rückenwind und viel Futter für die oberste Etage, dies für einmal ohne dick zu werden 😊 
Gestern lernte ich einen Franzosen kennen, gelernter Krankenpfleger welcher bald seine Ausbildung zum OP-Anästhesist beginnt, welcher in Brüssel gestartet ist. Wir hatten gute Gespräche, er hatte Hunger, machte er einen Stop und ich fuhr weiter, dann machte ich eine Pause und er überholte mich, bis wir uns vor der wegen drei Minuten verpassten Fähre wieder trafen. Ich wollte gerade eine Dusche im Camper nehmen, dann klopfte es an der Türe. Der Franzose war wieder da, knappe 10 Grad draussen, sah ein wenig verfroren aus, und so boten wir als Nicht-Europäer Besagtem für die nächste Stunde unsere Kaffeestube mit Bedienung an, welche er noch so gerne annahm! Eine tolle Begegnung mit einem bescheidenen Franzosen. 
Ich habe während der Reise schon verschiedene Käuze angetroffen und war froh, dass die anderen Vögel wieder alleine weitergezogen sind. 

Übrigens, der Polarkreis sollte morgen überschritten sein und die Lofoten rücken immer näher. Ich freue mich.

Übrigens lieber Neffe Kim, wir grüssen Dich ganz herzlich aus Norwegen und wünschen Dir eine erfolgreiche Anklimatisation wieder in der Schweiz! Kim war für fast ein Jahr in Irland bei einer Gastfamilie und dort an der Hochschule! Willkommen zurück, wir haben Dich vermisst!! 

Konklusion des Tages: Kopf hoch, es kommt immer gut - fast immer☺️

Dienstag 7. Juni 2016

Kalte zehn Grad im Camper, Millionen von Regentropfen klopften gegen das Dach und ich verkroch mich wieder unter die Decke. Nein ich will nicht raus, ich muss...
Es ist Zeit, denn heute gibt es viel zu erleben! Vier Premieren....
Es ist schwierig wenn es draussen so kalt ist, die richtigen Kleider unter dem Regenschutz zu finden. Der Regenschutz hält gegen die stärksten Regengüsse, aber darunter schwitze ich stark und bei diesen kalten Temperaturen beginne ich gerne zu frösteln. Nach vier Kilometern geht es bei stärksten Regengüssen auf den nächsten acht Kilometern über 400 Höhenmeter nach oben, oder anders ausgedrückt kurz auf den Zugerberg 😏 Mit jedem hundert Höhenmeter sinkt das Thermometer um 2 Grad, die letzten drei Kilometer fahre ich in dickem Nebel und die Temperatur fällt auf 3 Grad. Die Abfahrt führt zuerst durch einen halben Kilometer langen Tunnel zurück auf null Meter über Meer, das heisst zurück an die Küste. Nach dreissig Kilometer erreicht mich zum Glück mein Hilfskonvoi und eine heisse Suppe wird mir angeboten, welche ich dankend annehme! Dies gibt mir die Möglichkeit die Unterwäsche zu wechseln, kein Luxus in der aktuellen Lage, aber Luxus natürlich, weil es nirgends Unterstände gäbe und nur dank Dir Chantal möglich ist. Gut habe ich vorgesorgt 😉 Die Regenfälle nehmen weiter zu und langsam habe ich das Gefühl kein Radfahrer, sondern ein Pedalo zu fahren. Bei 10 Stundenkilometer fast Aquaplaning, den Weg auf dem Asphalt suchend, wo nicht Bäche fliessen. Erste Premiere, Velo gegen Pedalo (gedanklich) getauscht zu haben. Weiter vorne sah ich eine Baustelle, ohne Lichtsignalanlage. Zwei leuchtend gekleidete Männer regelten mit Funk den Verkehr. Ist auch richtig dieser Aufwand, bei drei Autos pro Viertelstunde. Auf norwegisch erklärte mir der Verkehrsregler, ist solle bis zu den Maschinen vorrücken, zumindest so habe ich es interpretiert. Ich hatte mit meinen Veloseitentaschen fast die gleiche Farbe wie er mit seinem "Uebergwändli". Wir waren uns sofort sympathisch. Ich rückte vor und vorne wartete ein Fahrzeug mit Blinklicht und wie am Flughafen auf dem Dach mit Leuchtanzeige geschrieben "follow me"! So wurde ich mit meinen 15 kmh alleine auf die andere Seite der Baustelle geführt, wo zehn Autos warteten und einige grüssten mich freundlich! Ich war stolz auf mich es in Norwegen geschafft zu haben, wie der König von Norwegen eskortiert zu werden, vielleicht ein wenig auffälliger, aber spielt ja keine Rolle 😁 Dies war die zweite Premiere. Es goss weiterhin wie aus Kübeln, von der tollen Landschaft nichts zu sehen. Zur dritten Premiere: da fahre ich sechzig Kilometer um den Fjord herum und bin anschliessend keine fünf Kilometer Luftlinie weiter. So verklüftend und landschaftlich faszinierend ist Norwegen. Dann durfte oder besser musste ich fünf Tunnels durchqueren, ohne Trottoir oder Velostreifen, im Gegenteil, die Breite kaum genügend für sich zwei kreuzende Autos und auf der Seite die Wände so tief hängend, dass dein Auto bald als Cabrio unterwegs sein könnte oder von den Löchern sich der Unterboden aufreissen könnte. Und dann gibt es noch den Schweizer Velofahrer! Halogen an, kreuzende Fahrer blenden und dann geht es perfekt... Der Tunnel würde den ACS Sicherheitstest nie bestehen. Im brückenbauen sind die Norweger nachweislich weltmeisterlich, den Tunnelbau überlassen sie besser uns Schweizer!

Übrigens waren zwei Tunnels knapp drei Kilometer lang, gemäss Reiseführer belüftet und als Vorbereitung auf den letzten Tunnel knapp vor dem Nordkapp, dieser ist aber noch eine andere Dimension. Ich werde selbstverständlich darüber berichten, wenn ich diesen hinter mir gebracht habe!

Uebrigens, auf der Ueberfahrt mit der Fähre haben wir den Polarkreis überschifft.

Konklusion des Tages: verschifft es dich, so ist die Sonne nicht mehr weit! 

Mittwoch 8. Juni 2016

Heute durfte ich für die ersten 20km meinen Hilfskonvoi in Anspruch nehmen, denn es gab einen für Radfahrer gesperrten Tunnel zu befahren. So genoss ich für einmal Beifahrer zu sein und noch ein paar Minuten länger auszuspannen. Nachher hiess es das Fahrrad vom Veloständer zu nehmen und zu beladen. Ein Kuss und es ging los - und wie. Böenartige Winde machten das Fahren vorerst schwierig, denn ich musste immer stark Gegensteuer geben, soweit dies überhaupt möglich war. Es war schwierig einen Rhythmus zu finden, geradeaus mit 8-10 kmh zu fahren, das macht definitiv keinen Spass 😏 Ich versuchte mich auf die Strasse zu konzentrieren und mit tieferem Tempo den Rhythmus zu finden, vergebens! Es kam noch schlimmer. Nach zwölf Kilometern war mir die Gefahr zu gross, zu stürzen, machte ich den Albert Zweifel und schob meinen Einplätzer, bis zum nächsten Buswartehäuschen wo ich Unterschlupf fand. Tiefgefroren und mit starren Gliedern entnahm ich meinen Teigwarensalat der Tasche und bis lust- und freudlos drein und hoffte, dass sich der Wind beruhigte... So ging es weiter über die nächsten Kilometer, es kostete gewaltig Energie und es bereitete absolut keinen Spass. Letzteren konnte ich noch akzeptieren, ersteren nicht! Waren es die schon immer befürchteten Winde oder war mir sonst jemand nicht gut gesinnt? Nirgends gab es Möglichkeiten sich aufzuwärmen, das Thermometer war auf 3 Grad gesunken und die Berge um mich waren alle weiss bezuckert. Trotz den Sonnenstrahlen zwischendurch für ein paar Sekunden kam keine Freude an der Landschaft auf, nein ich hasste sie. Bei km 50 die Erlösung, Chantal wartete mit dem Wohnmobil. Schnell rein an die Wärme, Kaffee bestellt, Beine hochgelagert und ein paar Minuten ausgespannt und die nassen Kleider versuchsweise getrocknet. Zu lange durfte ich nicht sitzen bleiben, so beginnt es mir noch zu gefallen und ich würde nicht mehr weiter fahren. Bei km 80 war es Schluss, Konzentration, Kraft und Nässe machten eine sichere Weiterfahrt nicht möglich. Meine motorisierte Fahrerin nahm mich auf und bot mir gerne Asyl! Ein paar Kilometer weiter steuerten wir einen Campingplatz an und wussten, dass sich hier der grösste Mahlstrom der Welt befand. Fast 400 m3 Wasser zwängen sich im Laufe von 6 Stunden durch die 3 km lange und 150 Meter Meeresenge zwischen dem Skjerstad und dem Saltenfjord. So gross ist der Unterschied zwischen Ebbe und Flut. Die Strudel in diesem natürlichen Whirlpool haben einen Durchmesser bis zu 10 Meter. Viermal am Tag, etwa alle 6 Stunden ändert der Strom dem Gesetz der Gezeiten folgend seine Richtung und liegt dann eine kurze Zeit still, bis die Wassermassen mit voller Kraft in die andere Richtung strömen. Um 20.32 Uhr war der besten Moment des Spektakel gekommen, ein tolles Naturschauspiel.
Morgen gönne ich mir einen Freitag in Bodo, denn mit der längeren Ueberfahrt auf die Lofoten gäbe es einen kurzen Velotag. 

Uebrigens, wenn der Wind nicht wäre, dann .... hätte ich den ganzen Tag Regen 😉.

Konklusion des Tages: nicht immer kommt Freude auf als Radler. Morgen bestimmt wieder!

Donnerstag 9. Juni 2016

Drama erster Akt!
Camper beladen, wir waren bereit für die paar Kilometer Fahrt zur Fähre für die Reise auf die Lofoten! Endlich, Freude herrscht, noch etwa 10 Tage bis ans grosse Ziel, Nordkapp. Dumping war angesagt, Camper rückwärts parkieren .... und dann, es darf nicht wahr sein! Scheckenszenario, das schlimmste was passieren konnte! Der Camper touchierte den seitlich im Gebüsch versteckten Wasserhahn und... nichts... ausser meinem Velo war beschädigt! Felge verbogen, an ein weiterfahren mit dem Velo ist nicht mehr zu denken!!! Drama pur, Night Mare!!! Nein, nicht jetzt, nicht so knapp vor dem Ziel. Schadensaufnahme am Velo, keine Chance zu reparieren!!! Und wer kann sich unserer annehmen??? Wo gibt es einen Fahrradmechaniker, hat er Zeit, was macht er mit der Felge und dem Rohloff Wechsler?
Ich frage an der Rezeption nach Hilfe, vielleicht dort im Nirwana. Nichts wie hin, die Stimmung ist bei minus 100 Grad, tiefer als am Südpol!!! Totenstille zwischen Chantal und mir, es ist nicht mehr auszuhalten!!! Die negative Spannung zwischen uns ist so gross wie nie zuvor. Nein, nein, nein!!! Tränen fliessen, Totenstille!!! Warum ist nicht der Camper in Brüche gegangen, warum musste der Wasserhahn dort sein, warum warum warum.... ??? Platz nun mein Traum?? Das kann ich nicht zulassen, nein, ich kann das nicht!!!
Hin zum Fahrradmechaniker, Situation geschildert, er bleibt cool, ein Tourist mit mehr oder weniger. Ich erkläre ihm meine Situation, Chantal bleibt im Camper, es ist nicht auszuhalten. Vielleicht gäbe es eine Chance, meint er, das dürfte aber Tage dauern. Ist nicht akzeptabel, eine Lösung muss her. Es donnert und blitzt in mir, ich solle das Rad hier lassen, der Mechaniker rufe mich morgen zurück. Ich versuche Geld locker zu machen, vielleicht hilft dies Situation zu beschleunigen. Nicht bei den Norwegern.... Morgen weiss ich mehr. Die Spannung in uns beiden ist nicht mehr auszuhalten, nein ist leider kein Albtraum, ich bin in der Gegenwart, es ist Realität, es ist Leere pur, Traurigkeit, Drama pur!!!
Darf das wirklich war sein?????????? 

Freitag 10. Juni 2016

Drama zweiter Akt.
Die Nacht war zum vergessen, früh war ich wach und gedanklich drehte sich alles um mein schwarzes Aarios Velo. Ist hier fertig mit meiner Reise, war es das gewesen? Ist mein Traum geplatzt? Was sind die Alternativen? Kaufe ich ein anderes Bike wenn es nicht repariert werden kann? Bis welchen Preis will ich bezahlen? Wohin mit dem Gepäck auf dem neuen Velo? Was mache ich dann mit zwei Bikes? Und die Sitzposition? Und der unbequeme gerade Lenker? 
Neben mir liegt Chantal wach, schaut in die Räume des Campers, ihr Blick ist starr, abweisend, ich fühle was in ihr vorgeht, wir beide sind im gleichen Camper, sogar im gleichen Bett 😁 Ich fühle mich nicht weniger machtlos, es räuchelt wie Trockeneis! 
Der Velomechaniker repariert und zentriert die Felgen nicht selber, sondern ein Lehrer. Ob das gut kommt? Er musste gestern Examen abnehmen und war daher schlecht erreichbar. Der Lehrer macht dies in seiner Freizeit und er möchte heute Nachmittag mit seiner Familie auf die Lofoten reisen...Und wann hat er noch Zeit für meine Felge 😐?
17 Uhr war für heute abgemacht, ich kann nicht warten und stehe in den letzten 14 Stunden zum vierten Mal im Laden. Dieses Mal um 11.30 Uhr. Dreimal laut durchatmen, mich zusammen reissen und gedanklich mit 50 kg Last auf dem Rücken in gebeugter Haltung zum Laden vorrücken! 
Der Inhaber wird sich langsam fragen und sich Gedanken machen, wie aufdringlich dieser Schweizer ist. Ich erhöhe den Druck und sage ihm, dass mein Schicksal an dieser Felge hängt. Und er meine 25 jährige Ehe riskiere. Ein bisschen viel Verantwortung für sowenig Felge!
Der überall gepiercte und mit Goldketten behangene, gelassene Norweger kann ich nicht aus der Ruhe bringen. Er meint besonnen, wenn die Felge nicht repariert werden kann, könnte es einige Tage gehen, diese Zeit habe ich nicht! Meine Betriebstemperatur ist auf hohem Fieber, fiebersenkende Medikamente wären die einzige Lösung, den Kühler nicht zu überhitzen. Ich komme mir vor wie vor dreissig Jahren bei einer Fahrt auf den Gotthard, alle paar Kilometer hatte es Bidons mit Wasser, um Kühlerwasser nachzufüllen, damit das Getriebe nicht überhitzt (Freddy, ich hoffe richtig ausgedrückt 😏).
Nach einer halben Stunde erscheint ein etwa vierzig Jähriger, mit Bart versehener, sehr sportlich aussehender Norweger, hält eine Felge in der Hand, die Tränen von Chantal fliessen und ich umarme einen mit schwarzen Händen versehenen Norweger, dass er die Welt nicht versteht! Er wirkt aufgeregt, bin ich ihm zu nahe getreten? Er entschuldigt sich, dass es ein wenig länger gedauert hat, mache dies eben in seiner Freizeit. Keine Entschuldigung geduldet, das muss richtig entschädigt werden, dass der gepiercte Inhaber meint, die Rechnung mache er! Na klar doch, auch du bekommst, neben der zur Nebensache gewordene Preis, ein Trinkgeld. Der Lehrer versteht die Welt nicht mehr, soviel Geld. Ist mir egal, er hat es mehr als verdient..... Mehr als dass, aber Schweizer Sackmesser und Schoggi habe ich nicht dabei...
Ich erkläre ihm kurz meine Umarmung, jetzt versteht er alles! 
Der Traum lebt weiter, ich bin wieder dabei!!!

Übrigens, wir sind für die Ueberfahrt auf die Lofoten drei Stunden angestanden, der Camper vor uns und wir konnten nicht mehr mit. Alles ist zur Nebensächlichkeit geworden, wichtig ist das Velo. Das nächste Boot fährt in drei Stunden. Wir hatten längere Stunden in den letzten Stunden zu erdauern! Daher ab in das Dorf Bodo und sich einen wohlverdienten Kaffee gönnen!

Konklusion des Tages: es gibt immer eine Lösung, auch wenn es für den Moment Weltuntergangsstimmung herrscht! Freude herrscht!

Samstag 11. Juni 2016

Was für ein Gefühl: ich darf nach zwei Freitagen wieder auf meinen zweirädrigen Lastesel. Er wartet wie jeden Morgen ausgefahren zu werden 😊 Ich stehe früh auf, denn draussen wartet auf mich schönstes Lofoten Wetter. Ein kurzer Wink an Chantal und ab geht es ins nächste Kapitel Abenteuer. Und was für eines! Die Morgensonne gibt der Landschaft einen wundervollen Anstrich. Nach fünf Minuten Fahrt muss ich zum ersten Mal den Fotoapparat zücken, dann fragt mich eine Stimme mit perfektem Mundart: "Darf ich Dich auf einen Espresso einladen?" - Eigentlich immer gerne, aber ich komme gerade vom Kaffee. Ein Schweizer Ehepaar ist seit drei Monaten in fünf verschiedenen Ländern unterwegs und hat meinen Schweizer Fahnen gesehen. Ein kurzer Schwatz und weiter geht es. Schon komme ich ins erste Dörfchen Reine. Und was für eines. Diese Schönheit, die farbigen Häuser im Kontrast zu den Bergen, dem Meer und überall die zur Trocknung aufgehängten Dorsche über den Holzkonstruktionen, ergeben ein solch pittoreskes Bild. Schwierig zu beschreiben, gäbe es eine Misswahl hätte dieses Dörfchen die verdiente Krone erhalten. Alle paar Meter muss ich den Foto zücken, ich komme nicht vorwärts, ist auch nicht nötig. Einmalig, etwas vom schönsten was ich in den letzten zwanzig Jahren in fremden Ländern sehen und bestaunen durfte. Auf den nächsten hundert Kilometern zieht sich das ganze wie ein Gedicht weiter, ich komme nicht aus dem Staunen heraus und es ist schwierig alle so tollen Momente und Eindrücke zu verarbeiten. Zum Glück sind es positive!
Nach vierzig Kilometer hält ein Auto mit polnischen Kennzeichen, ein Kind winkt aus dem Fenster und ich halte an. Die fünfköpfige Familie schenkt mit ein grosses Lächeln und er erzählt mir, dass er auch schon am Nordkapp mit dem Fahrrad gewesen sei und er nun Ultra Bergläufe absolviere. Wir haben und viel zu erzählen, die Kinder können nicht mehr ruhig sitzen, da zücke ich das eben gekaufte Pack "Guetzli" aus der Tasche und überreiche es den Kindern. Grosse Augen sagen mir auf polnisch Danke und er überreicht mir einen Liter Tomatensaft direkt aus Polen. Dies sei gut für die Muskeln, er trinke viel davon. Freundschaft und Dankbarkeit kennt keine Grenzen!
Es bleibt hüglig, am Ende des Tages kommen wieder über 115km zusammen mit den obligaten über 1000 Höhenmetern, heute ein paar mehr. Zum Highlight des Tages gönnen wir uns am Abend ein feines Fischmenü im Fischerdörfchen Henningsvær. Es gibt viel zu erzählen nach so einem wundervollen Tag! 

Übrigens, seit Tagen, seit der Überquerung des Polarkreises, geht die Sonne nicht mehr unter. Wer dies noch nie erlebt hat ist selber schuld 🙃 Schwierig zu beschreiben, die Kraft des Momentes ist genial.

Konklusion des Tages: ich bin nicht abergläubisch, aber Gott muss ein Radfahrer sein.

Sonntag 12. Juni 2016

Nach dem wunderprächtigen gestrigen Tag bleibt es heute grau und kühl. Doch ich komme flott voran, mit Rückenwind auch nicht verwunderlich. Ein tolles Gefühl mit dem ganzen Gewicht über die Strassen zu fegen, und dies ohne Elektromotörchen. Cancellara hat heute sein Tour de Suisse Trikot verteidigt, ich wäre der einzige gewesen, der es ihm hätte streitig machen können 😂 Heute Nachmittag habe ich auf Langoya übergesetzt, hat sich gelohnt, auf der anderen Meeresseite war es mehrheitlich verhangen. 

Übrigens, mein Ziel Nordkapp sollte, wenn alles positiv verläuft, in etwa 9-10 Tagen erreicht sein! Wahnsinn! 

Konklusion des Tages: Sonnenlicht kann eine Landschaft in einem Ausmass verändern, Wahnsinn. Und nicht nur eine Landschaft ...

Montag 13. Juni 2016

Heute hiess es entlang dem Ufer an die Spitze von Andoya zu radeln. Ich versprach mir eine leichte Etappe, denn gestern war ich doch relativ schnell vorwärts gekommen. Doch in Norwegen kommt es immer anders als man denkt, denn einerseits wechselt das Wetter nicht gerade minütlich, aber fast und anderseits ist die Topografie immer schwierig vorhersehbar. Kaum war ich gestartet, begann es zu regnen und die Frage ist immer, Regenkleider montieren oder nicht? Also Pause einlegen und abwarten, aber über dem Meer schien sich das Wetter nicht zu bessern. Also Regenmontour montieren, d.h. Helmüberzug, Regenjacke, Kapuze unter dem Helm, Regenhosen, Überzüge über die Schuhe und die Regenhandschuhe.  
Die Region an der Westseite von Andoya ist wunderprächtig, gottverlassen, fast keine Autos, nahe am Meer, fast keine Häuser, wild und überall Moorlandschaften umgeben von Bergen um die 1000 Meter. 
Das Wetter besserte sich im Verlaufe des Nachmittags. 
Andenes, der nördlichste Ort der Insel Andoya gilt als bester Ausgangspunkt für Walbeobachtungen. 
Abends haben wir mit der Fähre die Insel verlassen und haben auf die Insel Senja übergesetzt. Wow, was für eine tolle Insel. Morgen werde ich das Vergnügen haben, diese abzustrampeln! 

Übrigens, in den letzten zehn Tagen haben wir viele Fähren genommen. Nicht weil ich nicht mehr pedalen mag, sondern weil die Strasse dort aufhört und entweder schwimmst du über das Meer, nimmst die Fähre oder nimmst an diesen Orten deinen Wohnsitz. 
Der Puls schlägt definitiv höher als auch schon, vorallem wenn ich daran denke, dass das Ziel meiner Reise fast schon in Sichtweite ist, fast. Die Beine zeigen sich weiterhin von der starken Seite, das gibt mir Selbstvertrauen und macht Freude. Danke ihr beide, habt ein tolles Nachtessen verdient, Süssigkeiten gibt es ja genügend den ganzen Tag 😁

Konklusion des Tages: auch nach über  sechs Wochen im Sattel macht es weiterhin Freude wie am ersten Tag, sogar noch mehr!

Dienstag 14. Juni 2016

Die Nacht verbrachten wir direkt am Meeresufer und mit Ausblick auf eine wie immer architektonisch wundervolles Brückenwerk . Landschaftlich wie immer einzigartig. Nach dem doch eher verregneten Tag freute ich mich auf meine geplante Tagesstrecke. Nach zehn Kilometern kommt der Hinweis, dass die Strecke ab Ort weiss nicht wie er heisst, ab 9.30 - 12.30 Uhr gesperrt ist. Mit SMS melde ich diese Neuigkeit meinem Fahrzeugtross mit dem Hinweis sofort den Fiat in Bewegung zu setzen. Alsbald überholt mich Chantal und wird Ausblick halten, wo diese Sperrung geplant ist. Wir kreuzen uns 10.15 Uhr ohne irgend ein Strassenbaufahrzeug gesichtet zu haben. Wir beschliessen vorwärts zu fahren. Nach ein paar Kilometern dann doch die Sperrung wie angekündigt. Wir beschliessen, dass ich versuche zwischen den Baumaschinen einen Weg zu bahnen. Und schon vorwärts zu kommen. Der erste Trax lässt mich passieren, bei den nächsten zwei ist Schluss. Kein Durchkommen mehr, auch nicht für ein Schmalspurross wie meines. Ich schaue den Arbeitern noch eine Weile zu und beschliesse dann wegen dem starken Regenfall und der Kälte Rückzug bis zum Begleittross anzutreten. Es haben sich in der Zwischenzeit einige Camper eingefunden, vorallem Franzosen. Bereitwillig gebe ich Auskunft auf französisch. Einer der Fahrer meint, dass ich aber perfekt französisch spreche. Gelernt ist eben gelernt 😉 Die Alternativroute wäre über die Küste, wahrscheinlich 40km Umweg. So entschliesse ich mich ins warme Stübli zu setzen und wie für Frauen um diese Zeit üblich, auch Kaffee zu trinken 😊 Selbst für einen kurzen Power Nap habe ich noch genügend Zeit. Man(n) hat ja (keine) Zeit, es ist ja Ferien. 
Pünktlich um 12.30 Uhr geht es dann wieder los. Heute regnet es nur einmal, dafür den ganzen Tag. Der Regen macht mir nichts, einzig das Schwitzen unter den Regenkleidern verbunden mit den kühlen Temperaturen ist nicht zu unterschätzen. Der Rücken bereitet mir erstmals nach Woche eins Schmerzen ab km 50. Voltaren zücken, im Regen einreiben, etwas Stoff oben in die Schublade schieben und keine Mine verziehen, bin ja schliesslich seit ein paar Wochen Profisportler 😂 Die nächsten 20 km werden langsamer, unangenehmer und verkrampft abgespult. Chantal hat an der Tankstelle seit längerem gewartet und gemerkt, dass es nicht sein kann, dass ich für 30 km über 2 Stunden habe. Ich hatte mich beim letzten Ort verfahren und über eine halbe Stunde dadurch zusätzlich verloren. Spielt ja keine Rolle, ist 8 Grad und regnet ja nur stark 😏 Nach einer zweiten Ladung Voltaren und einer kräftigen, wohltuenden  Massage durch meine Physiotherapeutin lege ich die nächsten 25 km mit 300 Höhenmetern in 1 Std. 20 Minuten zurück. Ich muss immer aufpassen nicht zu stark zu forcieren, denn bei über 8-10 Stunden Fahrzeit pro Tag ginge dies nur kurzfristig gut. Die "Töpfe" würden schnell übersäuert. Das Thermometer sinkt noch tiefer, die Berge um mich herum erhalten einen neuen Weissanstrich und auch der Dampf des Ausatmens zeigt an, es ist kalt...

Übrigens versuche ich mich weiterhin auf den Moment zu konzentrieren und mich nicht schon auf die Zielankunft zu freuen, damit ich auf der Strasse nicht nachlässig werde. Die Strasse ist mit den Lastwagen wieder stärker frequentiert, zumindest noch bis morgen. Ich hoffe, dass der Grossteil der Autos dann Richtung Tromsö weiterfahren wird. Alsbald gibt es nur noch eine Strasse Richtung Nordkapp - für alle!

Konklusion des Tages: es beginnt langsam zu "kribbeln", denn das Ziel liegt nicht mehr fern. St. Gallen - Genf retour. Nur noch!! 

Mittwoch 15. Juni 2016

Wir haben auf einem wunderschönen Rastplatz direkt bei einem kleinen See übernachtet. Gratis und franko vom Staat offeriert, na ja bei 25% MwSt und bei Mautgebühren, dass die schweizerische Vignette schon bei der zweiten Brückenpassage billiger ist, liegt dies alleweil drin 🤗 Zum Glück erhalten wir erst am Ende der Reise die Rechnung. Die Maut wird elektronisch erfasst, hoffentlich nicht doppelt. 
Für die Camper wird viel gemacht, Dumping Stationen hier und da und gleichzeitig kannst du auch gerade Wasser nachfüllen. Dies zum Leidwesen der Campingplätze, sind viele in den letzten Jahren eingegangen. In Norwegen darf man überall campen, vorausgesetzt dass Du keine Privatgrundstücke in Anspruch nimmst oder Leute belästigst. 
Gestartet vom Nachtdomizil, endlich eine Abfahrt, beginnt es zu regnen. Regenzeugs montieren und weiter geht's. Nicht sehr gemütlich, denn die vielen LKW's fahren gefühlt zu nahe vorbei und zusätzlich erhältst du alle paar Meter gratis eine Portion Regenwasser versehen mit Strassenschmutz direkt auf dem Gesicht serviert und als Dank obendrauf noch eine Windböe, dass du schon fast wieder trocken bist. Aber leider nur fast.. Und gleichzeitig solltest du das Velo noch unter Kontrolle halten?? Kein tolles Gefühl. Nach 25 km hat der Wettergott endlich ein einsehen und nach zwei Tagen Regen gibt es wieder Sonne. Ein tolles Gefühl, denn die umliegenden Berge sind wunderbar weiss. 
Ich habe genug von der vielbefahrenen Strasse und beschliesse die andere Seite des Fjords abzustrampeln und dies erweist sich als Glückstreffer. Fast kein Verkehr, tolles Wetter und die Strasse schlängelt sich entlang des Meeres. Prächtige Aussicht, Gedanken dürfen abschweifen, so wie es sein sollte!
Bei km 60 überholt mich Chantal mit ihrem Luxusliner und wartet kurz darauf auf mich als ich sehe, dass ein Norweger meine Frau streitig macht. Nein, er hat sie nur angequatscht, einziges Haus und Einwohner seit 20 km. Ich komme dazu, möchte schon auf Bodyguard machen, als ich merke, dass er etwas auf 90% norwegisch und den Rest in englisch am erklären ist. Er zeigt auf die andere Seite des Fjords und erklärt, dass 1945 während des Krieges die Deutschen die Russen aufgehalten und niedergemetzelt haben. Er bittet uns ans Meer runter zu kommen und zeigt uns mit stolz sein Reich. Toll, nur Meersicht, bei uns wäre diese Lage unbezahlbar. Er zeigt uns sein Kajak, sein Kanu und das Motorboot. Wenn wir Lust hätten dürfen wir alles gratis benützen. Das ist Gastfreundschaft. Wir sollen doch auf dem Rückweg vorbeikommen, er würde für uns gerne noch grillieren. Dies wird sich nicht ergeben.
Wir setzten nach 90km Fahrt mit der Fähre über und dann strample ich nochmals um die 25 km weiter. Tolles Panorama, blauer Himmel, nur unsere Fjordseite darf diese Sonne um 20.30 Uhr geniessen.
Während ich um 23 Uhr schreibe, scheint mir die Sonne immer noch ins Gesicht, auch die nächsten Stunden wir sie nicht untergehen, die ganze Nacht wird zum Tag gemacht. Einfach unbeschreiblich speziell, gratis Energietankstelle! 

Übrigens, seit 6 1/2 Wochen bin ich unterwegs und jeder Tag ist weiterhin unbeschreiblich toll, es ist einfach fantastisch. Einmalig speziell, streng, aber am Ende des Tages sehe ich wirklich was ich gemacht bzw. welche Strecke ich zurück gelegt habe! 

Konklusion des Tages: dies wird nicht meine letzte Reise mit dem Rad gewesen sein!


Donnerstag 16. Juni 2016

Während ich gestern Nacht bei Sonnenlicht den Bericht geschrieben habe, fielen meine Augen gegen 23.30 Uhr in den Tiefschlaf, und Chantal machte sich mit Kamera bewaffnet noch nach draussen und hat um 24 Uhr noch die nachfolgenden Fotos geschossen! Einfach toll, unglaublich und so bleibt es die ganze Nacht, Sonnenstand natürlich sich noch verändernd. 
So hoffte ich heute auf einen sonnigen Tag, ja den bekam ich auch, aber nur bis 10.30 Uhr. So durfte ich alsbald wieder die Regenkleider montieren und den Tag anbehalten, nun zum dritten Mal in Folge in den letzten Tagen. Die Temperaturen bleiben stabil tief, immer so um die 6-9, bei Sonne so um die 12 Grad. Bis zur letzten grösseren Ortschaft Alta sind es noch 150 km mit zwei Bergpreiswertungen. Ziel ist es zwischen dem 21. Juni und dem Mittsommernacht am Nordkapp zu sein. Mehr darüber und über das Fest alsbald.

Übrigens gab es heute nur eine kurze Etappe, denn ein freier Tag stünde an. Doch bei diesem Wetter schleiche ich mich lieber Richtung Ziel vor, als rumzuhängen.

Konklusion des Tages: den Tag mit Kaffee und feinem Essen von Chantal gekocht zu geniessen anstatt nur in die Pedalen zu treten, this is the way of life I like 😉

Freitag/Samstag 17./18. Juni 2016

Der Regen meint es gut mit uns und seit drei Tagen fahre ich mehrheitlich in seinem Nass. Gestern mit zwei Bergpreiswertungen, der eine knapp im Trockenen, der andere im Regen! 
Bei der Abfahrt vom Pass plötzlich zwei Rentiere auf der Strasse. Schade war ich nicht schnell genug, sie hätten sicher gerne mit mir die Abfahrt mit 50kmh auf meinem Gepäck als Seitenwagenfahrer genossen!
Heute Samstag waren die Prognosen sehr schlecht, so stellte ich mir den Wecker auf späte 8 Uhr. Um 10 Uhr stellte ich mit Erstaunen fest, dass ich seit dem ersten Weckerton immer noch am gleichen Ort lag 😏 Draussen regnete es immer noch sehr stark, so konnte ich es verkraften...
Gegen 11 Uhr war dann Schiff ahoi angesagt, ich bahnte mir den Weg durch den Regen. Einmal mehr fühlte ich mich mehr als Pedalofahrer! Die Temperaturen immer stabil tief bei rund 7 Grad. 35 km entlang des Fjords, alle paar Minuten erhielt ich gratis ein Portion Nieselregen versetzt mit Strassenschmutz dank den LKW's und Cars. 
Im Kopf war ich mir sicher, je näher ich mich zum Nordkapp vorkämpfe, desto flacher wird es! Nicht die Bohne, ein stetiges auf und ein gefühltes seltenes ab. So kamen in den letzten Tagen immer mind. je 1000 Höhenmeter zusammen. Eigentlich fühle ich mich stark am Berg, ich glaube das Bergtrikot an einer grossen Rundfahrt hätte ich auf sicher... Doch auf den ganzen Tag gesehen muss ich aufpassen, dass ich nicht zu stark powere und die Beine übersäuern könnte.
In Norwegen gibt es ja bekanntlich viele Brücken und Tunnels. Vor der Brücke zeigt der Veloweg einen Umweg von 10 km an, aber kein Fahrverbot über die Brücke und den anschliessenden Tunnel. Als fahre ich los und wie könnte es anders sein, vor der Einfahrt in den Tunnel ein Verbotsschild für Radfahrer! Rechtsumkehrt und zähneknirschend den Umweg nehmen...
Bei einem weiteren Tunnel das gleiche Spiel, also nehme ich die einzige Möglichkeit, die Umfahrungsstrasse. Diese ist immer gefährdet für Steinschlag, darum haben Sie Tunnels gebaut. Aber für die wenigen Velofahrer genügt diese Strasse vollkommen....., denn die Wahrscheinlichkeit von einem solchen getroffen zu werden ist gleich null, gibt es doch fast keine Radfahrer oder eben solch verrückte Nordkappfahrer und dies sind ja nur Ausländer. 
Kaum um die Ecke gedüst warten sechs Rentiere, alle mit wunderschönen stolzen Geweihen, auf mich. Ich schleiche mich an und komme bis auf 10 Meter heran. Minutenlang gucke ich denen zu, wie sie die besten Gräser pflücken.
Angekommen heute Abend auf dem Berg um 19.15 Uhr, bei ganzen 3 Grad...

Übrigens der letzte Wegweiser meinte, noch 240 km zum Nordkapp. Ich hoffe der Wettergott meint es bald ein bisschen besser mit mir, denn die Regentage hängen physisch und psychisch ganz schön an.

Konklusion des Tages: ich habe es noch nicht realisiert, dass ich ganz nahe an der Verwirklichung meines Traumes bin. Get ready for it!

Sonntag 19. Juni 2016

3.....
Wenn es im Sommer im Kühlschrank wärmer ist als draussen, dann weisst du, du bist im Norden und der Nordkapp kann nicht mehr weit sein 😂 
Heute war alles am Limit, ich würde es auch interpretieren als über dem menschlichen Limit. Die Tour de Suisse hat heute aufgrund der tiefen Temperaturen die Etappe verkürzt und was mache ich, ich fahre bei Temperaturen um die +1 Grad (siehe Foto), das wäre noch vertretbar, aber es regnet und der Gegenwind ist sowas von unerträglich, dass ich für 40km über 4 Stunden brauche, und dies bei eher flachem Terrain! Das Velo auf der Strasse zu halten ist fast Glücksache, ich würde von irregulären Verhältnissen sprechen. Unterstände oder Bäume gab es nicht, es war wie in der Tundra, der Wind fegt über die Weiden. Einzig die vielen Rentiere fühlten sich offenbar wohl. Zum Glück hatte ich meinen Hilfskonvoi dabei, welcher mir nach 20 Kilometern nicht nur Asyl gab, sondern auch eine warme Bouillon! Danke Chantal, du hast mir das (Über)Leben dort draussen gerettet. Vielleicht wären die vielen Rentiere über ein warmes Stück Fleisch nicht unglücklich gewesen! Auf den Geraden kam ich nicht über den dritten Gang hinaus und abwärts ging ohne starkes treten gar nichts. Frustrierend, und dies mit kalten Füssen!
Die mir entgegenkommenden Biker haben die Strecke sicher noch nie in einer solch schnellen Zeit absolviert. Des einen Glück, des anderen vielleicht ein anderes Mal 😉 Spätestens in diesen Momenten fragst du dich, warum nur tue ich dies mir an oder warum tut er dies dir an. Doch ich wäre nicht ich, wenn ich daraus nicht Positives schöpfen würde - zumindest nachher 😬.
Ich habe versucht alle Trolle in Norwegen für mich zu mobilisieren, aber du glaubst es kaum, einerseits ist es Sonntag und anderseits haben sie ein solch grosses Saufgelage, dass deren Anwesenheit noch gefährlicher wäre!

Der Nordkapp will mich noch nicht, sonst hätte er nicht diese Wetterkapriolen in meine Richtung gesandt! Aber wenn er das Gefühl hat ich komme wegen dem nicht, dann kennt er mich nicht! Nordkapp, du bist noch nicht bereit für mich? Ich aber für dich! Also lass es sein, ich komme auch angekrochen! Spätestens in zwei Tagen ist es soweit und glaube mir, ich bringe dir schönes Wetter mit!!!

Übrigens, Evelyne Binsack ist am 23. Mai mit dem Bike gestartet, den Nordkapp zu "erfahren". Good luck, mich wird sie aber nicht mehr einholen!

Konklusion des Tages: solche Momente möchtest du nicht "erfahren", machen dich aber nachher stärker. Hoffentlich.  

Montag 20. Juni 2016

2...

2...
Zielgerichtet geht es auf den Endspurt zu. Eigentlich wollte ich schon heute direkt an den Nordkap hochfahren, doch vor den knapp 140 km von hier und den diversen Tunnels sowie grossen Steigungen habe ich ein wenig Respekt, denn die letzten Tage waren doch sehr kräfteraubend. Seit zehn Tagen habe ich keinen Freitag mehr eingeschaltet. Und was noch viel wichtiger ist, für morgen wurde sonniges Wetter angekündigt! Die Zieletappe möchte ich geniessen und nur für mich auch ein wenig zelebrieren. 🤗 
Ich fahre bei durchzogenem aber doch trockenen Wetter los und es geht 50km entlang des Fjords. Nicht sehr schwierig, toll für mit den Gedanken abzuschweifen. Ich komme um eine Kurve, da warten sechs Rentiere auf mich. Nein, es ist noch nicht Zeit Spalier zu stehen und einen Grill habe ich auch nicht dabei 😁 Die Felsformationen sind so speziell, wie jemand Zehntausende von dünnen Kartonschichten aufeinander gestapelt hätte. Tolle Natur mit zufriedenen Vögel dekoriert. Ich habe nun schon drei Tunnels hinter mehr gebracht, der letzte 3 km lang und nie ein Vergnügen, aber der speziellste, der ungewöhnlichste, der Nordkapp Tunnel mit 6'870 Meter Länge und einem Tiefgang von 212 Meter unter dem Meeresspiegel, irgendwie skurril für einen Radfahrer, folgt noch. Verrückt! Einbiegen, Luft holen und mit 45km/h für 2 Kilometer in den Meerestiefe tauchen, einen Kilometer gerade aus und dann fast drei Kilometer mit einer Steigung von 10% wieder über 200 Höhenmeter überwinden. Es ist unheimlich, denn für die Radfahrer gibt es keine spezielle Spur und die Ventilatoren machen einen solch gewaltigen Lärm, dass es dir fast das Gehör sprengt! Und dann düsen die Autos, noch das geringste Übel, aber vorallem die LKW's und die Töffs mit einem gewaltigen Lärm, mit mehr als 80kmh vorbei und erzeugen einen Windstoss, dass es mir wirklich Angst und Bange wurde. Ich bin nicht nur überglücklich draussen angekommen, nein ich war nudelfertig!! Ich bin diesbezüglich wirklich kein Angsthase, aber was ich da erlebt habe war für mich "over the top" und nicht wie es heisst "top of Europe"! Ich setzte mich ein paar Minuten hin, es zitterte und bebte in mir! Einen kräftigen Schluck aus der Flasche, etwas oben in die Schublade und weiter geht es über die nächste Brücke, bevor in etwa 6km nochmals ein 4 Kilometer langer Tunnel folgt....
Endlich ist Henningvaer in Sicht, ich bin froh Feierabend zu machen, denn die 110 km waren kräftezehrend. Den letzten Aufstieg über 25 km und zusätzlichen 800 Höhenmetern wäre nicht ein genussvoller, würdiger Abschluss für meine Reise gewesen...

Übrigens, es gibt noch ein nördlicher auf dem Festland liegender Punkt als der Nordkapp, zu erreichen auf einem 8 stündigen Fussmarsch, auf Meereslevel gelegen. 

Konklusion des Tages: manchmal ist weniger mehr, oder Vernunft darf über Übermut siegen.

Dienstag 21. Juni 2016

1...

Pünktlich zur Sonnenwende habe ich mein Ziel erreicht: ich bin heute um 9.30 Uhr am Nordkapp angelangt!!! 
Ich brauche vorerst ein paar lange Stunden meine Emotionen und Gefühle zu ordnen.  
Danke allen für Eure Unterstützung! 
Ich bin in den nächsten Tagen zurück im Blog mit weiteren highlights! Also bleibt dran, es ist noch nicht vorbei!!

Ich habe den Wecker so früh gestellt wie nie, 6 Uhr. Ich wollte der erste Radfahrer oben am Nordkapp sein, den Moment geniessen, meine Reise gedanklich nochmals Revue passieren lassen. Ich wusste es wird kein Zuckerschlecken, ist auch nicht nötig, es ist die Schlussetappe, die Etappe des Genusses, eigentlich die Krönung, das Dessert. Gedanklich eine toll dekorierte Käseplatte oder ein Dessertbuffet? Am liebsten natürlich beides.
Während meiner Reise konnte ich Unmengen von Kalorien wortwörtlich reinhauen und habe dabei noch einige Kilos abgenommen. Also liebe Leserinnen, ohne teure Pülverchen oder anstrengende Diäten, ein Telefon an mich genügt und ich verrate Euch gegen eine kleine Entschädigung von einer Flasche Rotwein das Rezept, wie ihr diesen Sommer am Strand alle Männeraugen auf Euch richtet. Das ist doch ein Deal, ihr spart Geld und teure Diäten, ich bringe meine verlorenen Kilos mit den Rotweinen wieder zusammen!
Auf den letzten 25 km sind nochmals 800 Höhenmeter zu überwinden, sofort nach dem Campingplatz geht es direkt in die erste Steigung mit 10%. Ich versuche sofort den Rhythmus zu finden und slowly but surely Höhe zu gewinnen. Es ist noch ruhig auf der Strasse, die Camperfahrer dösen noch vor sich hin, die dreissig bis fünfzig Reisecars werden erst am Nachmittag eintreffen. Einzig ein paar dreiste Motorradfahrer vermiesen die Stimmung mit ihrer Raserei.  Ist einfach mit ein paar Liter Benzin im Tank da hochzufahren. Damit kann ich aber leben. 
Nach einer Dreiviertelstunde erblicke ich erstmals die Kuppe des Nordkapp's, ich wollte schon Emotionen zeigen. Ich redete auf mich ein, dass erst zuoberst mit den Emotionen gespielt oder anders ausgedrückt, freien Lauf gelassen werden darf. Vielleicht reisst ja noch die Kette, oder das Rad bricht entzwei, Gedankenspiele welche ich selber nicht für realistisch halte. Aber wie im Sport, gewonnen hat, wer über dem Zielstrich ist und nicht vorher. 
Ich geniesse den Moment, viele Gedanken gehen mir durch den Kopf, es ist wie ein Film der mir nochmals abgespielt wird, eine Zusammenfassung von Momenten der Reise. 
Die Emotionen haben mehr Schwierigkeiten sich zurück zu halten als ich. 
Ich blicke über die letzten Felsen hinaus, im Hintergrund sehe ich die Unendlichkeit des Horizontes. Ein tolles Gefühl. Ich stelle mir die Frage was steckt dahinter, warum leben wir nur eine so kurze Zeit im Verhältnis zur Evolution, was geschieht nach dem Tod, warum gibt es soviel Ungerechtigkeit auf dieser Welt, warum darf ich meine Gedanken nicht mit jemandem teilen, was geschieht wenn... Gedanken über Gedanken, Gefühle überrennen mich, dabei sollte ich mich auf die Strasse konzentrieren.... 
Tolle Momente, Gefühle die ich für mich erlebe, für die ich einiges an Unwegsamkeiten auf mich genommen habe... Sehr viele persönliche Gefühle, die ich hier erlebe und erleben darf.... 
Die letzte Steigung vor mir, 15%, ich sehe das Ziel, nein, warte mit dem Zeigen der Emotionen, du musst noch das Zahlhäuschen passieren, ich überhole die wartende Kolonne für einmal rechts, ich werde mit einem Lächeln des Kassiers durchgewunken - motorisierte Fahrer bezahlen 30 Fr. - noch 50 Meter, 40 , 30, Chantal wartet mit der Kamera auf der Seite, die Augen werden unter Wasser gesetzt, mit einem starren Blick fahre ich an ihr vorbei, noch 20, 10 Meter, ich steige vom Rad, stosse meinen treuen Begleiter über die Ziellinie, es hat es mehr als verdient, ihm gebührt die schönste Medaille, denn ohne es wäre ich heute nicht dort, die Emotionen nehmen ihren freien Lauf, ich gehe in Knieposition, halte mich grösstem Dank und Respekt an meinem Velo, verbeuge mich vor ihm, ein Teil der Tränen gehören ihm, nur ihm! 
Ein Gramm Salzwasser läuft über den Rahmen des Velos, ich spüre die Dankbarkeit und Freude meines treuen Begleiters, der blaue Himmel über dem Nordkapp, ich schnappe nach Luft, es ist Realität, ich habe es geschafft. Ist es ein Märchen, nein Realität!
Mein Geschenk an mich zu meinem 40. Geburi, wer kann es mir verargen, dass ich die Zahlen nicht mehr weiss?

Übrigens, bleibt dran, es gibt noch mehr Geschichten in den nächsten Tagen. 
Wir fahren nun mit dem Camper 500km südlich nach Tromsö, verabschieden uns von Camper und werden mit den Hurtigruten 4 Tage nach Bergen fahren, dort bleiben wir für zwei Tage, fahren anschliessend mit dem Zug nach Oslo und fliegen von dort zurück!

Konklusion des Tages: Gefühle zu beschreiben ist schwierig, sie zu geniessen und fühlen, ist einzigartig.


Pünktlich zur Sonnenwende habe ich mein Ziel erreicht: ich bin heute um 9.30 Uhr am Nordkapp angelangt!!!
Ich brauche vorerst ein paar lange Stunden meine Emotionen und Gefühle zu ordnen. 
Danke allen für Eure Unterstützung! 
Ich bin in den nächsten Tagen zurück im Blog mit weiteren highlights! Also bleibt dran, es ist noch nicht vorbei!!

Tage später ...

Tage danach...
Wir sind in den letzten Tagen mit dem Camper vom Nordkapp Richtung Tromsö gefahren und haben diese sechs Tage genossen, über die Erlebnisse gesprochen und gefreut. Nach sieben Wochen auf zwei Rädern habe ich das runde Steuer an mich gerissen und bemerkt, wie einfach es ist, Steigungen zu bewältigen. Ich stoppte den Camper und wollte die wunderbare Aussicht geniessen, da tauchten in Sichtweite plötzlich Delfine auf und ab, ein Festival des Momentes. Unglaublich nur Chantal und ich beobachteten diese wunderbaren Tiere, es kam mir vor als sie uns begrüssen wollten und ihre Fähigkeiten zur Show zu tragen! Es ist ihnen gelungen, unseren stillen Applaus haben sie verdient, und wie!
Immer wieder werden meine Gedanken durch die Erlebnisse der letzten Wochen sanft berührt, bewegt und wie Blitze überraschend schnell zurückgeführt. Bewegende Momente, starke Gefühle, mich fröstelt es vor Freude!
Langsam aber sicher werde ich mir bewusst, welche Momente ich erleben durfte, was ich durchlebt, was ich abgestrampelt, welche Erlebnisse ich hatte, Momente und Gefühle welche mir niemand nehmen kann, auch gegen Geld wären sie unbezahlbar und sind sicher gelagert in meinem Tresor, einbruchsicher, 1000 Prozent.
Doch was jetzt noch kommt, was noch ansteht, ist wie die Nachspeise, kein Käse, süsses Dessert. Ich werde einen grossen Teil meiner Reise mit den Hurtigruten per Schiff in umgekehrter Richtung zurücklegen, wie ein Film zurück spulen und vom Meer aus betrachten, wo mich der Weg, mein treue Begleitung, mein Lasttier durchgeführt hat. Es werden bewegende Momente aus dem Liegestuhl sein, ich spüre dass mich tolles Wetter und Glückseligkeit begleiten werden!

Fortsetzung folgt!